Metadaten

Köhler, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 3. Abhandlung): Omnis ecclesia Petri propinqua: Versuch einer religionsgeschichtlichen Deutung — Heidelberg, 1938

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41995#0026
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
~26

Walther Köhler:

ersetze ihn durch Kaliist, die nachfolgende Familie durch die omnis
ecclesia, den reitenden Ahnenheros durch Petrus, und man hat den
Vorstellungskreis des: potestas Petri derivavit ad me, id est ad
omnem ecclesiam Petri propinquam. Kallist und die ecclesia omnis
gehören in diesem Zusammenhang ganz eng zusammen. Der επιμε-
λητής (s. ob.) der römischen Kirche mit den Seinen! Die Bemer-
kung v. Harnacks120 aber, ,,daß die Gleichung ad te, id est ad
omnem ecclesiam Petri propinquam (also die Gleichsetzung eines
Singulars mit einem Plural) an sich auffallend, ja kaum erträglich
ist“, wird hinfällig; sie ist nicht nur erträglich, sondern gefordert.
War es eine praesumptio, in dieser Weise mit dem Grabe des
Oikisten Petrus und seiner δύναμις zu wuchern ? Für den Montani-
sten Tertullian zweifellos. Aber man wird hier auch den Afrikaner
betonen müssen und sich daran erinnern, daß er (de Praescr. c. 36)
von Rom bekannte: unde nobis quoque auctoritas praesto est121.
Diese Dynamik des Grabes war nicht spezifisch römisch, sondern
kleinasiatischer Import. Allerdings war durch den Ahnenkult, der
in sie hineinspielte, die Verbindung mit Rom geschaffen, und die
Grablegende der Acca Larentia und Tarpeja war populär, die Vor-
aussetzungen für die Dynamik des Heroengrabes waren da, aber
nicht diese selbst122. Aber das ist ja gerade das Interessante der
ganzen so folgenschweren Petrus-Ideologie in der christlichen Kirche,
Übertragung, sondern den Gruß, mit dem die Verheißung der Hilfe verbunden
ist. (Vgl. Foucart 100, Sittl 322.) Das Mysterium der Kraftübertragung
selbst wird niemals dargestellt. „Kallist mit seiner Gemeinde vor Petrus“ wird
durch die Tafel illustriert.
120 1 48.
121 wenn es erlaubt ist, „Rom“ etwas auszudeuten.
122 Bethe 30; hier der Nachweis, daß Ahnenkult im alten Rom all-
gemein war. 34: „Verehrung eines Ahnen ist bei den Römern nicht über den
engen Kreis des Geschlechtes hinausgedrungen. Stadtgründer wurden bei den
Römern nicht verehrt“. 42: „dem Griechen gilt die Person, dem Römer das
Geschlecht“. Pfister, „Reliquienkult“ II, 603: „von einem Reliquienkult in
Rom kann keine Rede sein. Immerhin war die Grablegende der Acca Larentia
und Tarpeja populär und Rom kannte die Voraussetzung für den Reliquien-
kult, den Toten- und Ahnenkult. Aber ein Ahnenkult ist noch kein Heroen-
kult“. Vgl. 529. Man wird auch darauf hinweisen dürfen, daß nach F. Münzer:
„Rem. Adelsparteien und -familien“ 1920, 425 „der ganze Kreis der vor-
nehmen Gesellschaft versippt und verschwägert war und schließlich nur eine
große Familie bildete“. Verehrte sie ihren Ahn, so kam schließlich doch eine
„ecclesia Petri propinqua“ heraus. VgL neuestens R. Fuhrmann: „Ahnengut
in römischen Familien“, 1938, 21 ff., doch steht hier der Gesichtspunkt der
Vererbung der Charaktereigenschaften im Vordergrund.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften