Omnis ecclesia Petri propinqua.
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daß sie ursprünglich nicht sowohl von Rom, als von Kleinasien
getragen wird123, in Kleinasien hat sich die Tradition von dem
Aufenthalt und Märtyrertod des Petrus in Rom erhalten (Joh. 13,
36; 21, 18. 19; 1. Petr. 5, 1. 13; Ign. ad Rom. 4, 3) seit dem
Anfang des zweiten Jahrhunderts. Kleinasien, sahen wir, zeigt die
erste kultische Verehrung eines Märtyrergrabes, und die Caius-
Notiz über die Gräber des Petrus und Paulus führt wiederum nach
Kleinasien. Caius schreibt gegen den Montanisten Proklus, der sich
auf die τόποι, εν Τα τά ιερά σκηνώματα124 κατατέθ-ειται berufen hatte.
Bischof Polykrates von Ephesus hatte sich Bischof Viktor von Rom
gegenüber darauf berufen: καί γάρ κατά τήν 3Ασίαν μεγάλα στοιχεία
κεκοίμηται, Philippus und seine beiden Töchter sowie Johannes
und Polykarp, und man wird nicht umhin können, an die Gräber
und — vorsichtig ausgedrückt — ihren religiösen Wert zu denken.
Laut der um 150—180 in Kieinasien verfaßten Johannesakten
kannte man hier damals die von der Familie am μνημεΐον am dritten
Tage nach dem Tode gehaltene Eucharistiefeier125. Läßt sich nun
noch dazu ,,in Rom eine geschlossene Gruppe kleinasiatischer Chri-
sten innerhalb der Gemeinde nachweisen“ (Lietzmann), so nimmt
es weiter kein Wunder, wenn Bischof Kallist für seine Zwecke die
kleinasiatische Grabesdynamik spielen läßt.
Man wird darauf hinweisen dürfen, wie stark damals die Figur
des Apostels als solchen bereits mit Dynamik geladen war; letzt-
lich war sie es von Anfang an gewesen. Der Begriff der διαδοχή των
άποστόλων hatte sich mit dem Inhalt gefüllt, daß der Bischof der
Nachfolger der Apostel ist, die reine παράδοσις, den apostolischen
Geist besitzt, und die von den beiden Aposteln Petrus und Paulus
gegründete Gemeinde von Rom trat deutlich heraus. Aber noch
bilden die Apostel ein Ganzes, eine Einheit, ihr Nachfolger ist
jeder Bischof, wenn auch der erste in der Bischofsreihe seiner Ge-
meinde die apostolische Wahrheit nur von einem Apostel erhalten
hat, er ist διάδοχος των άποστόλων, die Aufspaltung der διαδοχή in
eine individuelle Sukzession — von der römischen Gemeinde ge-
sagt: das episcopus Romae = Petrus ipse — ist noch nicht da126. Aber
123 j)er Nachweis am besten bei H. Lietzmann: „Petrus römischer Mär-
tyrer“ (Sitzungsber. der Berliner Akademie, PhiJ.-histor. Klasse 1936).
124 Vgl. Hugo Koch, ZNW. 19, 1920, 178.
125 Freistedt 1, Lietzmann: „Gesch. der alten Kirche“ II, 133.
126 Yg] ,jje bekannten Zeugnisse. Iren. adv. haer. III 3 (Mirbt: „Quel-
len“, 2. Auf], 1901, Nr. 26, 27, 28). Tert. de praescr. 32 (Mirbt Nr. 36),
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daß sie ursprünglich nicht sowohl von Rom, als von Kleinasien
getragen wird123, in Kleinasien hat sich die Tradition von dem
Aufenthalt und Märtyrertod des Petrus in Rom erhalten (Joh. 13,
36; 21, 18. 19; 1. Petr. 5, 1. 13; Ign. ad Rom. 4, 3) seit dem
Anfang des zweiten Jahrhunderts. Kleinasien, sahen wir, zeigt die
erste kultische Verehrung eines Märtyrergrabes, und die Caius-
Notiz über die Gräber des Petrus und Paulus führt wiederum nach
Kleinasien. Caius schreibt gegen den Montanisten Proklus, der sich
auf die τόποι, εν Τα τά ιερά σκηνώματα124 κατατέθ-ειται berufen hatte.
Bischof Polykrates von Ephesus hatte sich Bischof Viktor von Rom
gegenüber darauf berufen: καί γάρ κατά τήν 3Ασίαν μεγάλα στοιχεία
κεκοίμηται, Philippus und seine beiden Töchter sowie Johannes
und Polykarp, und man wird nicht umhin können, an die Gräber
und — vorsichtig ausgedrückt — ihren religiösen Wert zu denken.
Laut der um 150—180 in Kieinasien verfaßten Johannesakten
kannte man hier damals die von der Familie am μνημεΐον am dritten
Tage nach dem Tode gehaltene Eucharistiefeier125. Läßt sich nun
noch dazu ,,in Rom eine geschlossene Gruppe kleinasiatischer Chri-
sten innerhalb der Gemeinde nachweisen“ (Lietzmann), so nimmt
es weiter kein Wunder, wenn Bischof Kallist für seine Zwecke die
kleinasiatische Grabesdynamik spielen läßt.
Man wird darauf hinweisen dürfen, wie stark damals die Figur
des Apostels als solchen bereits mit Dynamik geladen war; letzt-
lich war sie es von Anfang an gewesen. Der Begriff der διαδοχή των
άποστόλων hatte sich mit dem Inhalt gefüllt, daß der Bischof der
Nachfolger der Apostel ist, die reine παράδοσις, den apostolischen
Geist besitzt, und die von den beiden Aposteln Petrus und Paulus
gegründete Gemeinde von Rom trat deutlich heraus. Aber noch
bilden die Apostel ein Ganzes, eine Einheit, ihr Nachfolger ist
jeder Bischof, wenn auch der erste in der Bischofsreihe seiner Ge-
meinde die apostolische Wahrheit nur von einem Apostel erhalten
hat, er ist διάδοχος των άποστόλων, die Aufspaltung der διαδοχή in
eine individuelle Sukzession — von der römischen Gemeinde ge-
sagt: das episcopus Romae = Petrus ipse — ist noch nicht da126. Aber
123 j)er Nachweis am besten bei H. Lietzmann: „Petrus römischer Mär-
tyrer“ (Sitzungsber. der Berliner Akademie, PhiJ.-histor. Klasse 1936).
124 Vgl. Hugo Koch, ZNW. 19, 1920, 178.
125 Freistedt 1, Lietzmann: „Gesch. der alten Kirche“ II, 133.
126 Yg] ,jje bekannten Zeugnisse. Iren. adv. haer. III 3 (Mirbt: „Quel-
len“, 2. Auf], 1901, Nr. 26, 27, 28). Tert. de praescr. 32 (Mirbt Nr. 36),