Omnis ecclesia Petri propinqua.
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Nachfolger des Apostels angewandt hatte163 und ihm die gleiche
Vollmacht wie Petrus verliehen sein ließ. Der römische Bischof
der Nachfolger Petri, diese „Idee von weltgeschichtlicher Größe“
(Caspar) setzt Kallist ins Leben. Aus dem Fundament war ein
Recht geworden. Wenn auch nicht im Sinne eines Primates. Aber
auch dieser lauert bereits vor der Türe. Hatte nicht Tertullian
vom episcopus episcoporum gesprochen, hatte er nicht dem Gegner
den Kirchenbegriff ecclesia ^numerus episcoporum unterstellt und
damit die Gesamtkirche in die Debatte gezogen? Das war persi-
flierend geschehen, aber die Persiflage war gefährlich. Dieses Her-
einsetzen der römischen Kirche als eines maßgebenden Faktors in
den Strukturaufbau der Gesamtkirche kommt seitdem nicht zur
Ruhe, und Afrika ist es, das zunächst die Führung behält164. Cy-
prian, der Tertullian-Schüler, nimmt die Frage auf, und wenn er
auch den Primat des römischen Bischofs noch nicht vertritt, so hat
er doch ihm weiter die Wege bereitet165. Die weitere Geschichte der
Primatsidee ist hier nicht zu verfolgen166. Mt. 16, 18 taucht bei
dem Griechen — ist das Zufall ? -— Zosimus (417-18) auf, und zwar
im Sinne eines Primates, den der römische Bischof als Nachfolger
des Petrus besitzt167. Diese Folgerung eines primatus iurisdictionis
aus der derivatio potestatis Petri war neu, aber die Idee der deri-
vatio selbst war alt. Ihr Schöpfer ist Bischof Kallist. Die omnis
ecclesia Petri propinqua, als deren Repräsentant er gehandelt hatte,
war auf dem Umwege über die ecclesia Petri principalis (Cyprian),
163 Die „Möglichkeit, die Ansprüche der römischen Bischöfe mit Mt. 16,
18f. zu stützen“ ist also nicht „relativ spät von außen zugetragen worden“ (wie
K. Guggisberg, ZIvG. 54, 1935, 276 im Anschluß an Caspar sagt). Anders
Seppelt 42.
164 Das herausgestellt zu haben, bleibt ein Verdienst von Erich Caspar;
in den Einzelheiten vermag ich ihm nur sehr bedingt zu folgen.
165 Es genügt der Hinweis auf die Arbeiten von Hugo Koch. In unserem
Zusammenhänge ist wichtig die gedankliche Kontinuität zwischen Kallist und
Cyprian bezüglich der potestas ligandi et solvendi und des Begriffes potestas
überhaupt. Jene ist die Amtsgewalt des Bischofs, diese die von Gott ver-
liehene. Vgl. U. Gmellin: „Römische Herrscheridee und päpstliche Autorität“,
1937, 93, 95. Ebd. 117: „Vorher (vor Leo I.) schon hatten einzelne römische
Bischöfe auf das Wirken des Apostels in dem jeweiligen Inhaber des römischen
Stuhles hingewiesen und daraus eine erhöhte eigene Verpflichtung .... ab-
geleitet.“
166 Einen Überblick gibt J. Haller: „Das Papsttum“ I, 1934, 103ff.
167 Haller 104, E. Caspar: „Geschichte des Papsttums“ I, 1930, 354.
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Nachfolger des Apostels angewandt hatte163 und ihm die gleiche
Vollmacht wie Petrus verliehen sein ließ. Der römische Bischof
der Nachfolger Petri, diese „Idee von weltgeschichtlicher Größe“
(Caspar) setzt Kallist ins Leben. Aus dem Fundament war ein
Recht geworden. Wenn auch nicht im Sinne eines Primates. Aber
auch dieser lauert bereits vor der Türe. Hatte nicht Tertullian
vom episcopus episcoporum gesprochen, hatte er nicht dem Gegner
den Kirchenbegriff ecclesia ^numerus episcoporum unterstellt und
damit die Gesamtkirche in die Debatte gezogen? Das war persi-
flierend geschehen, aber die Persiflage war gefährlich. Dieses Her-
einsetzen der römischen Kirche als eines maßgebenden Faktors in
den Strukturaufbau der Gesamtkirche kommt seitdem nicht zur
Ruhe, und Afrika ist es, das zunächst die Führung behält164. Cy-
prian, der Tertullian-Schüler, nimmt die Frage auf, und wenn er
auch den Primat des römischen Bischofs noch nicht vertritt, so hat
er doch ihm weiter die Wege bereitet165. Die weitere Geschichte der
Primatsidee ist hier nicht zu verfolgen166. Mt. 16, 18 taucht bei
dem Griechen — ist das Zufall ? -— Zosimus (417-18) auf, und zwar
im Sinne eines Primates, den der römische Bischof als Nachfolger
des Petrus besitzt167. Diese Folgerung eines primatus iurisdictionis
aus der derivatio potestatis Petri war neu, aber die Idee der deri-
vatio selbst war alt. Ihr Schöpfer ist Bischof Kallist. Die omnis
ecclesia Petri propinqua, als deren Repräsentant er gehandelt hatte,
war auf dem Umwege über die ecclesia Petri principalis (Cyprian),
163 Die „Möglichkeit, die Ansprüche der römischen Bischöfe mit Mt. 16,
18f. zu stützen“ ist also nicht „relativ spät von außen zugetragen worden“ (wie
K. Guggisberg, ZIvG. 54, 1935, 276 im Anschluß an Caspar sagt). Anders
Seppelt 42.
164 Das herausgestellt zu haben, bleibt ein Verdienst von Erich Caspar;
in den Einzelheiten vermag ich ihm nur sehr bedingt zu folgen.
165 Es genügt der Hinweis auf die Arbeiten von Hugo Koch. In unserem
Zusammenhänge ist wichtig die gedankliche Kontinuität zwischen Kallist und
Cyprian bezüglich der potestas ligandi et solvendi und des Begriffes potestas
überhaupt. Jene ist die Amtsgewalt des Bischofs, diese die von Gott ver-
liehene. Vgl. U. Gmellin: „Römische Herrscheridee und päpstliche Autorität“,
1937, 93, 95. Ebd. 117: „Vorher (vor Leo I.) schon hatten einzelne römische
Bischöfe auf das Wirken des Apostels in dem jeweiligen Inhaber des römischen
Stuhles hingewiesen und daraus eine erhöhte eigene Verpflichtung .... ab-
geleitet.“
166 Einen Überblick gibt J. Haller: „Das Papsttum“ I, 1934, 103ff.
167 Haller 104, E. Caspar: „Geschichte des Papsttums“ I, 1930, 354.