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Elisabeth Bohnenstädt:
Gewalt und der weltlichen. Die Gedanken über die Vorstand-
schaft, die praelatio, gelten im wesentlichen für die weltliche und
für die geistliche Leitung, also z. B. auch die Wiclerrechtlichkeit
des Amtsbesitzes persönlich Unwürdiger, die Ungültigkeit des in
Unrechter Weise erworbenen Amtsbesitzes — hier wird mit Nen-
nung der Simonie als Hinderungsgrund die Anwendung auf das
geistliche Amt ausdrücklich vollzogen —, die Nichtigkeit von Vor-
schriften, die nicht aus der Amtsgewalt hervorgehen. — In inhalt-
lichem Abgrenzen der beiden Gewalten wird der geistlichen Für-
sorge zugewiesen, was das Heil der Seele, der weltlichen, was das
bürgerliche Gemeinwohl betrifft, wie es sich in den beiden Lebens-
bezirken einerseits aus dem göttlichen, andererseits aus dem natür-
lichen menschlichen Recht ergibt. Die nähere Erklärung des In-
halts priesteramtlicher Macht unterscheidet in einer zweifachen
geistlichen Gewalt die sakramentale und die richterliche15. Die
erste wird durch die Priesterweihe übertragen. In ihr wirkt der
Mensch nicht anders denn als bloßes Werkzeug Gottes; ihr Wirk-
bereich ist der innerseelische, ihrem Wesen und eigentlichem Sein
nach ist sie unaufhebbar. Die zweite wird in einfacher mensch-
licher Übertragung mitgeteilt und haftet nicht unwiderruflich an.
Diese ist auch im äußeren Bereich wirksam, z. B. in richterlicher
Entscheidung, in Zurechtweisung, bei Unverbesserlichen in Ent-
kleidung von Würden und Ehren und in Absetzung, in Ausschlie-
ßung von der Kirche, der Exkommunikation. Sie dient, soweit es
sich um erforderliche Leitung oder auch Eingriffe bei kirchlich
Beamteten und Kirchengliedern als solchen handelt, der Ordnung
und Reinhaltung der kirchlichen Organisation, des ganzen kirch-
lichen Körpers. Hier aber mag neben anderer, teils noch jüdisch-
gemeindlicher Beeinflussung vor allem römisches Rechtsdenken ein-
gesetzt und ausgebaut haben zu mehr und mehr politischer Macht-
ausübung eines obersten Richteramtes, die auch dann in sich selbst
politisch war, wenn sie indirekt vorging, etwa dem 'weltlichen Arm’
eine doch mehr oder weniger werkzeugliche Ausführung zuwies.
Und ist bei Thomas alles Bereden priesterlicher Gewalt zunächst
rein geistig-religiös aufgefaßt, und unterscheidet es noch klar das
Wesentliche vom Zufälligen, in der Abgrenzung geistlicher Gewalt-
fülle von der weltlichen sehen wir den 'allgemeinen Lehrer’ beson-
ders deutlich in seiner Zeit stehen, in der Hoch-Zeit politisch päpst-
lichen Machtanspruchs. Wenn er sich wohl Mühe gibt, irdische
und geistliche Gewalt wenigstens formal zu umgrenzen in jeweils
Elisabeth Bohnenstädt:
Gewalt und der weltlichen. Die Gedanken über die Vorstand-
schaft, die praelatio, gelten im wesentlichen für die weltliche und
für die geistliche Leitung, also z. B. auch die Wiclerrechtlichkeit
des Amtsbesitzes persönlich Unwürdiger, die Ungültigkeit des in
Unrechter Weise erworbenen Amtsbesitzes — hier wird mit Nen-
nung der Simonie als Hinderungsgrund die Anwendung auf das
geistliche Amt ausdrücklich vollzogen —, die Nichtigkeit von Vor-
schriften, die nicht aus der Amtsgewalt hervorgehen. — In inhalt-
lichem Abgrenzen der beiden Gewalten wird der geistlichen Für-
sorge zugewiesen, was das Heil der Seele, der weltlichen, was das
bürgerliche Gemeinwohl betrifft, wie es sich in den beiden Lebens-
bezirken einerseits aus dem göttlichen, andererseits aus dem natür-
lichen menschlichen Recht ergibt. Die nähere Erklärung des In-
halts priesteramtlicher Macht unterscheidet in einer zweifachen
geistlichen Gewalt die sakramentale und die richterliche15. Die
erste wird durch die Priesterweihe übertragen. In ihr wirkt der
Mensch nicht anders denn als bloßes Werkzeug Gottes; ihr Wirk-
bereich ist der innerseelische, ihrem Wesen und eigentlichem Sein
nach ist sie unaufhebbar. Die zweite wird in einfacher mensch-
licher Übertragung mitgeteilt und haftet nicht unwiderruflich an.
Diese ist auch im äußeren Bereich wirksam, z. B. in richterlicher
Entscheidung, in Zurechtweisung, bei Unverbesserlichen in Ent-
kleidung von Würden und Ehren und in Absetzung, in Ausschlie-
ßung von der Kirche, der Exkommunikation. Sie dient, soweit es
sich um erforderliche Leitung oder auch Eingriffe bei kirchlich
Beamteten und Kirchengliedern als solchen handelt, der Ordnung
und Reinhaltung der kirchlichen Organisation, des ganzen kirch-
lichen Körpers. Hier aber mag neben anderer, teils noch jüdisch-
gemeindlicher Beeinflussung vor allem römisches Rechtsdenken ein-
gesetzt und ausgebaut haben zu mehr und mehr politischer Macht-
ausübung eines obersten Richteramtes, die auch dann in sich selbst
politisch war, wenn sie indirekt vorging, etwa dem 'weltlichen Arm’
eine doch mehr oder weniger werkzeugliche Ausführung zuwies.
Und ist bei Thomas alles Bereden priesterlicher Gewalt zunächst
rein geistig-religiös aufgefaßt, und unterscheidet es noch klar das
Wesentliche vom Zufälligen, in der Abgrenzung geistlicher Gewalt-
fülle von der weltlichen sehen wir den 'allgemeinen Lehrer’ beson-
ders deutlich in seiner Zeit stehen, in der Hoch-Zeit politisch päpst-
lichen Machtanspruchs. Wenn er sich wohl Mühe gibt, irdische
und geistliche Gewalt wenigstens formal zu umgrenzen in jeweils