Cusarms-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Gues. 21
nmds’ ihr eigenes Land und Volk der Deutschen zugunsten einer
doch nie eroberungsstarken Fernschau und Fernsucht: durch kurz-
sichtige Schwäche und selbstische Enge mancher Späteren kam das
Reich erst eigentlich in schmähliche Mißachtung und zerrüttende
Not. Und auch für das deutsche Reich selbst gelang es dem deut-
schen Volke nicht, für sein Stamm- und Landesfürstentum und sein
Kaisertum — diese in so manchem sich widerstrebenden Macht-
stellungen — immer wieder Charaktere zu zeugen, die zu spannungs-
überwindendem Ausgleich zwischen den beiden Ämtern fähig waren.
Galt es doch stets, als Kaiser und zugleich Territorialfürst 'allzeit
Mehrer des Reichs’ und nicht sein Minderer zu sein, als territoriale
Kurfürsten nicht das Wahlamt zum Machtraub am Reiche zu miß-
brauchen. So aber trugen alle Stände dazu bei, das Reich zu unter-
graben und auszuhöhlen.
Zwar erhoben sich in all den Verwirrungen, Nöten und Kämp-
fen bezüglich des reich haften und des kirchlichen Macht-, Rechts-
und Aufgabenbereichs wie bezüglich kaiserlicher und ständischer
Gewalt in Deutschland im besonderen immer wieder protestierende,
mahnende, klären wollende Stimmen, ln größerer Zahl waren es
Deutsche, die für Kaiser und Reich auftraten, die mehrfach auch
in Erfassung des alten römischen Imperialgedankens und im Be-
wußtsein der deutschen Fortführung jener Herrschaft den christ-
lichen Kaiser, den eigentlichen Regierer der Christenheit und Stell-
vertreter Gottes auf der Erde, gern in der Fülle seiner Macht ge-
sehen hätten. Aber der vielleicht erste, über einzelne Punkte hin-
aus dem Gesamten sich zuwendende kritisch-historische Besinner
auf kaiserliche Amtsgewalt war der aus ursprünglich-eigener Volks-
tradition für die Weltkaiser- und Weltreichsidee begeisterte Floren-
tiner Dante Alighieri in seiner 'Monarchie?21. Und es ist nicht
zu verwundern, daß Dante in dieser seiner Apologie des (christlich)
monarchischen Imperiums sich auf der einen Seite sehr weitgehend
von Aristoteles auch in seinem eigenen Denken beeinflussen läßt
und auf der anderen Seite mit radikalisierenden Fortführern thomi-
stischer Betrachtungsweise in Konflikt gerät. Besonders die grund-
legenden Erörterungen des 1. Buches über die Monarchie als die
das Heil der Menschen am besten fördernde Verfassungsform folgen
aristotelischer Darlegung und Betrachtungsweise. Und der Nach-
fahr der Römer und Freund des Kaisers nimmt den Begriff der
Monarchie im vollen Sinn des Wortes als weltumfassende Einherr-
schaft. Ein Fürst, eine Herrschaft, ein Reich auf der Erde ist die
nmds’ ihr eigenes Land und Volk der Deutschen zugunsten einer
doch nie eroberungsstarken Fernschau und Fernsucht: durch kurz-
sichtige Schwäche und selbstische Enge mancher Späteren kam das
Reich erst eigentlich in schmähliche Mißachtung und zerrüttende
Not. Und auch für das deutsche Reich selbst gelang es dem deut-
schen Volke nicht, für sein Stamm- und Landesfürstentum und sein
Kaisertum — diese in so manchem sich widerstrebenden Macht-
stellungen — immer wieder Charaktere zu zeugen, die zu spannungs-
überwindendem Ausgleich zwischen den beiden Ämtern fähig waren.
Galt es doch stets, als Kaiser und zugleich Territorialfürst 'allzeit
Mehrer des Reichs’ und nicht sein Minderer zu sein, als territoriale
Kurfürsten nicht das Wahlamt zum Machtraub am Reiche zu miß-
brauchen. So aber trugen alle Stände dazu bei, das Reich zu unter-
graben und auszuhöhlen.
Zwar erhoben sich in all den Verwirrungen, Nöten und Kämp-
fen bezüglich des reich haften und des kirchlichen Macht-, Rechts-
und Aufgabenbereichs wie bezüglich kaiserlicher und ständischer
Gewalt in Deutschland im besonderen immer wieder protestierende,
mahnende, klären wollende Stimmen, ln größerer Zahl waren es
Deutsche, die für Kaiser und Reich auftraten, die mehrfach auch
in Erfassung des alten römischen Imperialgedankens und im Be-
wußtsein der deutschen Fortführung jener Herrschaft den christ-
lichen Kaiser, den eigentlichen Regierer der Christenheit und Stell-
vertreter Gottes auf der Erde, gern in der Fülle seiner Macht ge-
sehen hätten. Aber der vielleicht erste, über einzelne Punkte hin-
aus dem Gesamten sich zuwendende kritisch-historische Besinner
auf kaiserliche Amtsgewalt war der aus ursprünglich-eigener Volks-
tradition für die Weltkaiser- und Weltreichsidee begeisterte Floren-
tiner Dante Alighieri in seiner 'Monarchie?21. Und es ist nicht
zu verwundern, daß Dante in dieser seiner Apologie des (christlich)
monarchischen Imperiums sich auf der einen Seite sehr weitgehend
von Aristoteles auch in seinem eigenen Denken beeinflussen läßt
und auf der anderen Seite mit radikalisierenden Fortführern thomi-
stischer Betrachtungsweise in Konflikt gerät. Besonders die grund-
legenden Erörterungen des 1. Buches über die Monarchie als die
das Heil der Menschen am besten fördernde Verfassungsform folgen
aristotelischer Darlegung und Betrachtungsweise. Und der Nach-
fahr der Römer und Freund des Kaisers nimmt den Begriff der
Monarchie im vollen Sinn des Wortes als weltumfassende Einherr-
schaft. Ein Fürst, eine Herrschaft, ein Reich auf der Erde ist die