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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0047
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Cusanus-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Gues. 37

Erlösung und Lehre Jesu Christi ist sein Leben, in der die Gott-
heit sich ihrer selbst entäußerte, die menschliche Natur sich ihres
Eigenwillens und einer Eigenform ganz enteignete, um ganz durch
den Willen des Vaters geformt zu werden. Christus verwirklichte
in seinem menschlichen Leben die Fülle des lautersten, des gewal-
tigsten, in Sein und Vermögen schlechthin größten, des in vollen-
detem Maße durch die Liebe belebten und gestalteten und so des
wirkreichsten und zu allem mächtigen Glaubens. In Umfassung
jeden wahren Glaubens spricht er das Ja zum Vatergott, das in
allem Leben und Wirken und Leiden hinschaut und hinhört zum
Vaterwillen als der aufbauenden lebenerhaltenden Geistesnahrung,
das im ganzen Sein und jedem Tun verhaftet ist in Vateraug und
Vaterherzen, was ja das bleibende Wesen der Sohnschaft ausmacht.
Der Gottmensch Jesus Christus tritt vor die menschliche Vernunft,
um ihr Herstammung, Anfang und Ziel kundzutun, sich ihrer Sehn-
sucht nach rechter Lebenserfüllung in Wahrheit und Sinnhaftig-
keit als der Weg, die Wahrheit und das Leben zu erzeigen. Er will
die Blindheit von uns nehmen, das Gehör wieder bereit machen zu
glaubensvoller Hinnahme des in ihm erschienenen Wortes Gottes;
er lehrt uns den törichten Hochmut des Eigenwillens brechen und
ablegen, Gottes Ehre wieder suchen, Gottes Willen wieder zu un-
serm machen, auf daß wir so in Glaube und Liebe zum Königtum
des Vaters zurückkehren, unter den einen Herrscher aller38.
In der Nachfolge, der Teilhabe, der immer wachsenden abbild-
lichen Ausfaltung dieser allen Glauben und alle Liebe und zugleich
alles zu Glaubende und zu Liebende einschließenden Kindschaft,
die eins mit dem Vater ist, werden auch wir geistige Kinder Gottes.
Niemand kennt die Wahrheit, es sei denn der Geist Christi in ihm;
niemand wächst seiner Vollendung entgegen, er lasse denn in der
ihm möglichen Bereitetheit und Bereitschaft den Geist Christi,
Wort und Licht, Mittelpunkt und Umfang der vernünftigen Natur,
sein Wesen durch dringen. Der Weg jedes einzelnen Menschen, der
eine Welt im kleinen ist, führt in jeweils eigener Weise zunächst
gleichsam durch die Vorbereitungszeit der Welt auf Christus hin-
durch, durch jene Zeit, da in den verschiedenen Völkern zu den
verschiedenen Zeiten mannigfaltige Propheten und Lehrer erstan-
den. Er führt durch die Erstarkung des Geistes zum Führer- und
Priestersein, durch seine Weihe und Entflammung zu wegweisen-
der Begeisterung, durch die Hingabe in der tiefsten Demut und
reinsten Fruchtbarkeit dahin, daß er jenes Licht aufzunehmen
 
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