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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0085
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Cusanus-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Cues. 75

(Aus solchen und anderen Erwägungen über Bedingtheit und
Vorläufigkeit der Menschen im Priestertum, über Reformbedürftig-
keit der ganzen Kirche vom Höchsten bis zum Geringsten schaut
immer wieder umso deutlicher hervor, worauf es eigentlich an-
kommt:) Im letzten gibt es keine andere Lehre und Meisterschaft
als Christus, der das Leben, die Wahrheit in allem ist. Nicht Herr-
scher über den Glauben sind die Priester, sondern Beisteher im
Glauben. Der Glaube, Sache des freien Willens und nicht der Nöti-
gung, duldet nicht Herrschaft und Zwang. Ein Wollender, in eige-
nem Bemühen Erwerbender, nicht ein Gezwungener kann als in
Christus angenommen gelten. Jede Vorstandgewalt in der Kirche,
jede geistliche Gewalt ist, angeschaut auf ihre Wurzel, die in Chri-
stus ruht, und in der sie im eigentlichen Sinne von Gott her stammt,
nicht in Zwang, sondern in Freiheit gegründet, besteht nicht in
Zwangsgewalt, sondern in Verwaltungssorge. Wie aber eine füh-
rende Vorstandschaft zu Erhaltung und Förderung der Einheit der
Kirche von Gott her angeordnet ist, von ihm aus Bestand hat, so
könnte auch ohne irgendeine Gewalt der Zusammenhaltung die Ein-
heit nicht recht gewahrt werden. Nicht zwar gibt es hier die Macht,
in der die weltlichen Fürsten über die Ihrigen herrschen: Gewalt
über die Leiber und Sachen, vielmehr eine Vorstandschaft ohne
solche Herrschgewalt. Wohl aber ist nötig, offensichtlich morsche,
faule, ärgernisgebende Glieder aus der Kirche zu entfernen, wenn
der Körper der Kirche gesund erhalten werden soll. Es gibt daher
die Zusammenhaltung, die durch die freie Unterordnung aller oder
des größten Teiles eingeleitet wird, die einen gewissen äußeren
Zwang bedeuten kann, innerhalb deren es aber nur solch eine Strafe
gibt, die das Heil erstrebt. — Jeder vorläufige Dienst, jede vor-
läufige Gliederung darf aber nicht das eine Grund Verhältnis stören,
in dem alle Gläubigen zu Christus, dem einen Meister, Führer und
Hohenpriester und in ihm vor Gott stehen: die Brüderschaft aller
in Christus Wiedergeborenen, aller Kinder Gottes, die auch weiß,
wie in echtem Glaubensleben jeder Christ Priester ist und sein soll.
Und jede geistliche Macht darf nicht eingreifen wollen in die eigent-
liche geistige Freiheit, die allen in Christus gemeinsam ist. Diese
geistige Freiheit richtet sich auf jene Güter aus, die zwar erst zu-
künftig ganz unser werden. Und diese künftigen Güter werden
allen gemeinsam sein, allen zu eigen; jedweder wird das Ganze und
Volle besitzen. Alle Auserwählten werden Könige sein und alle
werden die Herrschaft haben und jedweder die volle Herrschaft.
 
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