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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0090
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Elisabeth Bohnenstädt:

hervor, daß die Gewalt der Oberen auch von den Unteren
abhängt. Wenn jede Obgeordnetheit und Herrschaft aus der wäh-
lenden Übereinstimmung freiwilliger Unterordnung ersteht, so auch
deshalb, weil dem Volke ein göttlicher Same (allgemeiner Macht)
— dessen die Menschen in dem allen gemeinsamen Bedürfnis der
Zusammengehörigkeit innewerden — und gleiche ursprüngliche
Naturrechte eingeboren sind. Diesen Gegebenheiten zufolge wird
alle Gewalt, die wie der Mensch selbst ihrem Ursprung nach von
Gott ist, dann als göttlich bezeichnet, wenn sie durch allgemeine
Übereinstimmung von den Untergeordneten her ihr Entstehen
nimmt. In der Allgemeinheit nämlich ruht zuständlich in Wah-
rung und Weiterleitung die zugrundeliegende Fähigkeit zur Gewalt,
indessen die Ausübung bei dem durch sie Erwählten liegt. Wir
sagen z. B., daß der Erwählte gegenüber den Erwählenden Rechts-
gewalt besitze, da ohne Leiter die Allgemeinheit nichts festlegen
kann, ohne daß daraus folge, daß der Leiter ohne die Allgemein-
heit festlegen und bestimmen könne. Und schön ist die Betrach-
tung darüber, in welcher Weise im Volke alle Gewalt in ihrer Mög-
lichkeit ruht, geistliche und weltlich-herrschende wie rein leibhaft
irdische, wenn auch dazu, daß die Vorsteher- und Leitungsgewalt
in die Wirklichkeit gegründet werde, notwendig von oben der form-
gebende, gestaltende Strahl hinzukommen, mit ihr Zusammenwirken
und sie in ihr Sein hinein aufrichten muß; denn, soweit von geord-
neter Gewalt gesprochen werden kann, ist alle Gewalt von
oben57.
Gewinnt durch Übereinstimmung der Untergeordneten die
Leitungsgewalt ihr Entstehen, dann trägt und führt und verwaltet
der Eingesetzte in sich gleichsam den Willen aller und ist im
Herrschen öffentliche und allgemeine, das ganze Gemeinwesen ver-
tretende Person. Und indem er, sich gleichsam als das Geschöpf
aller in ihrer Gesamtheit ihm Untergeordneten erkennend, nach
dem Grade seiner rechtmäßigen Verwaltungsmacht, frei von ver-
achtendem Hochmut, in sorgfältiger Wachsamkeit alles lenkt, ist
er zugleich der Vater aller einzelnen. So wird jene geordnete, gott-
bezogene Ehe geistiger Verbundenheit aufrechterhalten, die in der
Wurzel steter Übereinstimmung und Eintracht angelegt ist. Und
was alles im Staat als Unterschiedenes angetroffen wird, dessen
Gründer, Schöpfer und Wahrer der Herrscher ist, besteht vor-
gängig und verbunden im Fürsten als er selbst und so als Leben.
Herzoge, Grafen, Wehr, Richter, Gesetze, Maße, Gewichte usw.,
 
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