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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0096
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86

Elisabeth Bohnenstädt:

Weit überhaupt genannt, weil die ihm untergeordneten Völker und
Menschen die größere Anzahl aller Menschen (der gekannten Welt)
ausmachen. Wie der römische Bischof die Sorge für den Glauben
und was sich auf diesen bezieht in erster Linie für sein Bistum,
hernach (als Metropolit) für sein Land, dann für sein Patriarchat
und schließlich für die ganze Kirche trägt, so führt der Kaiser
seine Wächtersorge in erster Linie über jene, die seiner Herrschaft
unmittelbar untertan sind, in zweiter über die ihm durch Vermitt-
lung der ihm unterstellten Fürsten Untergeordneten, in letzter
Linie über die Untertanen jener Könige nnd Fürsten, die nicht
eigentlich ihm untergeordnet sind, die aber dem seinen benach-
barte Gebiete an sich bringen und ihn als obersten aller Herrscher
anerkennen. Und wie der Papst die Glieder der Kirche zum all-
gemeinen Konzil zusammenrufen kann, so liegt beim Kaiser als
Haupt und Erstem des Reichskörpers die kaiserliche Befehlsgewalt,
die untergeordneten Könige und Fürsten, die wie Glieder sich um
dieses Haupt einzufinden haben, zu versammeln und zu rechter
Mit h ilfe anzuh alten61.
Wie die freie Wahl allgemein sich vom göttlichen und natür-
lichen, nicht von einem eingesetzten Rechte oder einem Menschen
ableitet, so gilt dies in besonderem Maße bei der Wahl des Königs
und Kaisers, dessen Sein und Vermögen ihr Entstehen auch nicht
insofern von einem einzelnen Menschen gewinnen, als ob aus dessen
Gutdünken und freiem Wollen die Wahl Festigkeit und Gültigkeit
gewönne. Die kaiserliche Herrschgewalt ersteht nicht anders denn
aus der wählenden Übereinstimmung der Untergeordneten. Die
unter Zustimmung al ler Deutschen und der übrigen, die dem Reiche
unterstehen, die Wahl vollziehen, sind seit Heinrichs II. Zeit die
für ihr Amt fest bestimmten Wahl- oder Kurfürsten. Deren Wahl-
kraft ist in der gleichsam einträchtigen Übertragung der Wahl-
gewalt, in der allgemeinen Zustimmung jener verwurzelt, die sich
aus Naturrecht einen Kaiser vorsetzen können. Nicht etwa durch
den Papst sind die Kurfürsten als solche zu Bestehen und Macht
gelangt, als ob ihre Wahlmacht nur gültig sei, wenn der Papst
ausdrücklich zustimme, oder als ob dieser jene Gewalt nach Be-
lieben von ihnen nehmen könne. Wer gab denn ursprünglich, als
es noch keinen Papst gab, dem römischen Volke die Wahlgewalt,
wenn nicht göttliches und natürliches Recht ? In der übertragen-
den Eintracht ist auch der römische Bischof und der übrige Klerus
mitumschlossen, da der römische Bischof wie die übrigen Kleriker
 
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