Gahmuret, Quellenstudien zu Wolframs Parzival
In Meeresnähe stößt er auf einen heidnischen Ritter, kämpft
mit ihm und ist nahe daran zu unterliegen, hätte nicht, als ihm das
Schwert zerbricht, sein edelsinniger Gegner, den Kampf unter-
brochen. Im Gespräche stellt sich heraus, daß Parzival mit seinem
Halbbruder gekämpft hat; der braucht nur den Helm abzuneh-
men, um sich als Feirefiz zu erweisen. Er erzählt, daß er ausge-
zogen sei, seinen Vater zu suchen, mit dem er noch zu hadern hat,
daß er ihn verwaist zurückließ; denn seine Mutter starb aus Sehn-
sucht nach dem verlorenen Gatten. Parzival führt den Bruder der
Tafelrunde zu; während sie dort weilen, erscheint Kundrie mit der
Botschaft, daß Parzival zum Gralkönig erkoren sei. Nur den Bru-
der nimmt er mit nach Munsalvaesche, befreit dort Amfortas von
seiner Qual und übernimmt sein Amt. Feirefiz wird von dem An-
blick Repanse de Schoyens, der Schwester des Amfortas, bezau-
bert, läßt sich taufen und erhält ihre Hand. Er nimmt sie mit
nach Indien. Sie gebiert ihm dort den sagenberühmten Königs-
priester Johannes.
Ich halte die Belakanengeschichte für eine Erfindung Wolf-
rams, aufgebaut nach dem Muster von Geschichten und Gerüchten,
die zur Zeit des Dichters das Abendland erfüllten, im einzelnen
nahe sich lehnend an die Erzählung des 4. Buches von der Erwer-
bung der Kondwiramurs durch Parzival, die aus Chrestien über-
nommen ist.
Im Gefolge des ersten Kreuzzuges hatten französische Fürsten
sich Reiche im Morgenland erworben: Herzog Gottfried das König-
reich Jerusalem, sein Bruder Balduin die Grafschaft Edessa, der
Normanne Boemund das Fürstentum Antiochien, Raimund von
St. Gilles die Grafschaft Tripolis; auch an die Eroberung Gyperns
durch Richard Löwenherz mag erinnert sein. Man konnte ein
solches Land im fernen Osten auch durch Heirat gewinnen: der
Angevin Fulko V. erwarb mit der Hand Melisendens das König-
reich Jerusalem, Raimund von Poitou, ein jüngerer Sohn des Trou-
badours, mit der Hand Gonstances, der Tochter des jüngeren Boe-
mund, das Fürstentum Antiochien. Dieser Raimund war für die
Zeit unseres Dichters seit der zweiten Ehe der Poitevinin Eleonore
und ihren Söhnen ja auch ein Vorfahre der Plantagenets und das
heißt, der Angevinen geworden. Die Vermählung eines christlichen
Ritters mit einer Heidin hatte in deutscher Dichtung vor Wolfram
schon der Graf Rudolf behandelt, und wohl mag, als er den Par-
zival begann, Wolfram auch die Bataille d’Aliscans bereits be-
In Meeresnähe stößt er auf einen heidnischen Ritter, kämpft
mit ihm und ist nahe daran zu unterliegen, hätte nicht, als ihm das
Schwert zerbricht, sein edelsinniger Gegner, den Kampf unter-
brochen. Im Gespräche stellt sich heraus, daß Parzival mit seinem
Halbbruder gekämpft hat; der braucht nur den Helm abzuneh-
men, um sich als Feirefiz zu erweisen. Er erzählt, daß er ausge-
zogen sei, seinen Vater zu suchen, mit dem er noch zu hadern hat,
daß er ihn verwaist zurückließ; denn seine Mutter starb aus Sehn-
sucht nach dem verlorenen Gatten. Parzival führt den Bruder der
Tafelrunde zu; während sie dort weilen, erscheint Kundrie mit der
Botschaft, daß Parzival zum Gralkönig erkoren sei. Nur den Bru-
der nimmt er mit nach Munsalvaesche, befreit dort Amfortas von
seiner Qual und übernimmt sein Amt. Feirefiz wird von dem An-
blick Repanse de Schoyens, der Schwester des Amfortas, bezau-
bert, läßt sich taufen und erhält ihre Hand. Er nimmt sie mit
nach Indien. Sie gebiert ihm dort den sagenberühmten Königs-
priester Johannes.
Ich halte die Belakanengeschichte für eine Erfindung Wolf-
rams, aufgebaut nach dem Muster von Geschichten und Gerüchten,
die zur Zeit des Dichters das Abendland erfüllten, im einzelnen
nahe sich lehnend an die Erzählung des 4. Buches von der Erwer-
bung der Kondwiramurs durch Parzival, die aus Chrestien über-
nommen ist.
Im Gefolge des ersten Kreuzzuges hatten französische Fürsten
sich Reiche im Morgenland erworben: Herzog Gottfried das König-
reich Jerusalem, sein Bruder Balduin die Grafschaft Edessa, der
Normanne Boemund das Fürstentum Antiochien, Raimund von
St. Gilles die Grafschaft Tripolis; auch an die Eroberung Gyperns
durch Richard Löwenherz mag erinnert sein. Man konnte ein
solches Land im fernen Osten auch durch Heirat gewinnen: der
Angevin Fulko V. erwarb mit der Hand Melisendens das König-
reich Jerusalem, Raimund von Poitou, ein jüngerer Sohn des Trou-
badours, mit der Hand Gonstances, der Tochter des jüngeren Boe-
mund, das Fürstentum Antiochien. Dieser Raimund war für die
Zeit unseres Dichters seit der zweiten Ehe der Poitevinin Eleonore
und ihren Söhnen ja auch ein Vorfahre der Plantagenets und das
heißt, der Angevinen geworden. Die Vermählung eines christlichen
Ritters mit einer Heidin hatte in deutscher Dichtung vor Wolfram
schon der Graf Rudolf behandelt, und wohl mag, als er den Par-
zival begann, Wolfram auch die Bataille d’Aliscans bereits be-