Der Name des Nikolaus von Cues
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vielmehr nur eine andere Erklärung übrig, daß nämlich das hiero-
nymianische ecclesia durch populus ersetzt werden soll ■— was auf
eine Zeit hindeutet, in der ecclesia nicht mehr so sehr die einzelne
Gemeinde als vielmehr die Gesamtkirche bezeichnete.
c) Die dritte Traditionsform endlich ist bislang nur ein ein-
ziges Mal vertreten. Es handelt sich um ein Glossar, das wir
Glossarium Monacense nennen können und in dem wir zwei parallele
Fassungen antreffen90:
Nicholaus effluens vel ejjluxio sive stultus ecclesie langventis aut
stultitia (corr.) langvoris ecclesie.
Nicolaite effluentes vel ejfluxiones sive stulti ecclesie langventis
aut stulticia langvoris ecclesie.
Der Verfasser des Glossars scheint unmittelbar aus dein Hiero-
nymus-Texte geschöpft zu haben. Er hat dabei eine Hieronymus-
Handschrift vor sich gehabt, welche die Variante ejjluxio bot. Doch
hat er den Text nicht ganz wörtlich übernommen, sondern etwas
verarbeitet, wobei er wohl von der Formel Nicolaitae = ejjluxio
ausgegangen ist, um diesen Sinn zunächst im Hinblick auf Nico-
laitae und dann auch für Nicolaus der grammatischen Konstruk-
tion anzupassen (effluentes, effluens). Im übrigen hat er sich fast
genau an den vollen Wortlaut der Hieronymus-Erklärung für Nico-
laitae gehalten und sie im ganzen Umfange auf Nicolaus angewandt,
darin über seine Vorlage hinausgehend.
D. Betrachten wir noch einmal die drei Traditionsformen, so
fällt auf, daß von den beiden vorkommenden Literaturgattungen,
der lexikalischen (erster und dritter Typ) und der exegetischen
(zweiter Typ), sich eine jede bei der Tradierung der fraglichen
Textformen jeweils innerhalb ihres eigenen Kreises hält91. Es konnte
wenigstens im vorliegenden Falle kein Beispiel dafür gefunden wer-
den, daß ein lexikalisches Werk aus einem exegetischen geschöpft
Wissenschaften, Philos.-hist. Abt., Jahrg. 1930, Heft 2, S. 26). Wenn diese
Handschrift schon im Besitze des Nikolaus von Cues gewesen ist, so gehörte
sie zu den Hilfsmitteln, mit denen sich Gusanus lexikalische Kenntnisse im
Griechischen verschaffen konnte (vgl. Honecker, a.a.O., S. 58ff.).
90 Clm. 13.102, aus der Benediktinerabtei Prüfening bei Regensburg
(XIV. Jhd.). Herr Kollege Allgeier hatte die Freundlichkeit, den Verf. auf
dieses Glossar aufmerksam zu machen und ihm die betreffende Stelle (f° 170 rb)
in einer Photokopie zugänglich zu machen.
91 Schon Wutz hat eine ähnliche Beobachtung gemacht, daß nämlich
die (nichtlexikalische) christliche Literatur die Onomastika übergangen habe
(s. ob. Anm. 69); er hat allerdings die Glossarien nicht herangezogen.
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vielmehr nur eine andere Erklärung übrig, daß nämlich das hiero-
nymianische ecclesia durch populus ersetzt werden soll ■— was auf
eine Zeit hindeutet, in der ecclesia nicht mehr so sehr die einzelne
Gemeinde als vielmehr die Gesamtkirche bezeichnete.
c) Die dritte Traditionsform endlich ist bislang nur ein ein-
ziges Mal vertreten. Es handelt sich um ein Glossar, das wir
Glossarium Monacense nennen können und in dem wir zwei parallele
Fassungen antreffen90:
Nicholaus effluens vel ejjluxio sive stultus ecclesie langventis aut
stultitia (corr.) langvoris ecclesie.
Nicolaite effluentes vel ejfluxiones sive stulti ecclesie langventis
aut stulticia langvoris ecclesie.
Der Verfasser des Glossars scheint unmittelbar aus dein Hiero-
nymus-Texte geschöpft zu haben. Er hat dabei eine Hieronymus-
Handschrift vor sich gehabt, welche die Variante ejjluxio bot. Doch
hat er den Text nicht ganz wörtlich übernommen, sondern etwas
verarbeitet, wobei er wohl von der Formel Nicolaitae = ejjluxio
ausgegangen ist, um diesen Sinn zunächst im Hinblick auf Nico-
laitae und dann auch für Nicolaus der grammatischen Konstruk-
tion anzupassen (effluentes, effluens). Im übrigen hat er sich fast
genau an den vollen Wortlaut der Hieronymus-Erklärung für Nico-
laitae gehalten und sie im ganzen Umfange auf Nicolaus angewandt,
darin über seine Vorlage hinausgehend.
D. Betrachten wir noch einmal die drei Traditionsformen, so
fällt auf, daß von den beiden vorkommenden Literaturgattungen,
der lexikalischen (erster und dritter Typ) und der exegetischen
(zweiter Typ), sich eine jede bei der Tradierung der fraglichen
Textformen jeweils innerhalb ihres eigenen Kreises hält91. Es konnte
wenigstens im vorliegenden Falle kein Beispiel dafür gefunden wer-
den, daß ein lexikalisches Werk aus einem exegetischen geschöpft
Wissenschaften, Philos.-hist. Abt., Jahrg. 1930, Heft 2, S. 26). Wenn diese
Handschrift schon im Besitze des Nikolaus von Cues gewesen ist, so gehörte
sie zu den Hilfsmitteln, mit denen sich Gusanus lexikalische Kenntnisse im
Griechischen verschaffen konnte (vgl. Honecker, a.a.O., S. 58ff.).
90 Clm. 13.102, aus der Benediktinerabtei Prüfening bei Regensburg
(XIV. Jhd.). Herr Kollege Allgeier hatte die Freundlichkeit, den Verf. auf
dieses Glossar aufmerksam zu machen und ihm die betreffende Stelle (f° 170 rb)
in einer Photokopie zugänglich zu machen.
91 Schon Wutz hat eine ähnliche Beobachtung gemacht, daß nämlich
die (nichtlexikalische) christliche Literatur die Onomastika übergangen habe
(s. ob. Anm. 69); er hat allerdings die Glossarien nicht herangezogen.