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Honecker, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1939/40, 2. Abhandlung): Der Name des Nikolaus von Cues in zeitgenössischer Etymologie: zugleich ein Beitrag zum Problem der Onomastika — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.42018#0026
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26

Martin Honecker:

hätte oder umgekehrt; eine Ausnahme bildet natürlich jener Exe-
get, der erstmalig die hieronymianische Fassung in seine Literatur-
gattung eingeführt hat.
Die lateinische Tradition ist nach dem Gesagten viel reich-
haltiger als die griechische; bei der geringen Verbreitung grie-
chischer Sprachkenntnisse im Abendlande erhoben sich ja bei den
wenigsten jene sprachlichen Bedenken, die den griechischen Schrift-
stellern kommen mußten.
E. Neben der mehr oder minder vollständigen Übernahme des
Wortlautes aus Hieronymus mag es auch noch zahlreiche An-
klänge und Anspielungen gegeben haben.
Aus der älteren Literatur ist dem Verfasser nur eine Stelle
bei Filastrius (Philastrius; 2. Hälfte des IV. Jhd.s) aufgefallen:
Videamus et Nicolaus Antiochenus cidvena qua est deceptus amen-
t i a92.
Eine versteckte Anspielung findet sich bei einem gemeinsamen
Zeitgenossen des Nicolaus Cusanus und des Johannes Keck.
Es ist der als Übersetzer griechischer Werke bekannte Rinuccio
d’Arezzo (Aretino; * um 1395, f nach 1450), der im Jahre 1449(?)
seine Übersetzung der pseudo-aristotelischen Schrift De mundo ad
Alexandrum dem Papste Nikolaus V. widmete. In dem Wid-
mungsschreiben sagt er mit Bezug auf die Thronbesteigung des
genannten Papstes: ... ad quod fastigium . . . ubi fuisti assumptus
mature ecclesiam per singula membra languentem ad statum jere suum
redintegrasti93. Beachtet man, daß das Schreiben an einen Träger
des Namens Nikolaus gerichtet ist, so wird klar, daß mit den Worten
ecclesiam . . . languentem auf die uns bekannte Hieronymusstelle
angespielt ist94.
92 Diversarum haereseon liber, ed. Fr. Marx, CSEL 38 (1898), S. 17 f.;
PL 12, 148.
93 Zitiert nach P. Lockwood, De Rinucio Aretino graecarum litterarum
interprete. Harvard Studies in Classical Philology XXIV (1913), S. 77; zur
Datierung S. 56. — Rinuccio meint mit den letzten Worten die Beseitigung
des Basler Schismas.
94 Eine entfernte Ausstrahlung der besprochenen Nikolaus-Etymologie
und zwar der ersten Traditionsform möchte der Verf. schließlich in einem
Ausdruck sehen, der ihm aus dem Dialekt seiner rheinischen Heimat bekannt
ist. Dort wird der Name Klos (= Nikolaus) als Appellativum in der Bedeu-
tung dummer Mensch verwandt. So etwa in der Wendung: Do bes mer äver
ene Klos — Du bist mir aber ein Dummkopf. Auch dommer Klos kommt vor.
Ein Klospitter (eigentlich = Nikolaus Peter) ist ein dummer ungeschickter
Mensch. Vgl. dazu auch Karl Meisen, Nikolauskult und Nikolausbrauch
 
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