Metadaten

Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 1. Abhandlung): Martials Grabepigramm auf den Pantomimen Paris: XI,13 — Heidelberg, 1941

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42020#0016
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
10

Otto Weinreich :

bestatteten Dinge, die sich so in den Vordergrund geschoben hatten,
daß der Name des Toten selbst nun in einen Relativsatz verwiesen
ist. Die Überraschung mußte größer sein für den vor dem Monu-
ment stehenden viator, der den großräumigen Text langsamer auf-
nahm als der Leser des Buches, der die Zeilen rascher überflog
und alsbald die syntaktisch-sachliche Aufklärung durch die Schluß-
zeile empfing. Gerade deliciae, das erste Wort der Substantiv-
reihe, ist so gewöhnliche nominale Bestimmung im Lob eines homo
deliciosus -— man denke nur an Titus als arnor ac deliciae generis
humani (Sueton 1) -—, daß es gleichsam als Weiche wirkt, die,
falsch gestellt, zunächst auf das falsche Geleise führen mußte. Zu-
mal wenn dem Leser der berühmteste Fall einer solchen Verwen-
dung von deliciae einfiel, Catulls Lugete, ο Veueres Cupidinesque. . .
passer mortuus est . . ., passer, deliciae meae puellae, jene Nänie
des von Martial am meisten bewunderten Vorgängers, auf deren
(richtige) Rolle im Gedicht wir unten zurückkommen.
Um diesen meinen Eindruck nicht als vagen Einfall erscheinen
zu lassen, muß 1. der sonst vorherrschende direkte Typus kurz
charakterisiert werden, dann hebt sich auch der indirekte in seiner
Eigenart schärfer ab; ferner müssen 2. unter Beschränkung auf
Martial zwei Epigramme des direkten Elogium-Typus betrachtet
werden, die auch an sich für den Vergleich mit dem Parisepitaph
wichtig sind, und muß 3. das Sprachliche unserer Substantiv-
reihe unter der Voraussetzung geprüft werden, mit v. 3 beginne
ein direktes Elogium im Nominalstil.
1. Bei den Griechen ist es seit Homer, bei den Römern seit
Plautus üblich (bei beiden noch selten, dann breitet sich der Ge-
brauch aus), Menschen, überhaupt Lebewesen von bestimmten
Eigenschaften und Fertigkeiten, die sie in hohem Grad besitzen,
dadurch zu loben (mitunter auch zu tadeln), daß man sie mit dem
diese Eigenschaften und Fertigkeiten benennenden abstrakten
Substantiv in concreto bezeichnet; sie werden dadurch gleichsam
der Inbegriff dieser Eigenschaften. Streng genommen handelt es
sich um Verdichtung eines Satzes zu einem Nomen; Achill, δς
μέγα πασιν ερκος Άχαιοΐσιν πέλεται πολέμοιο κακοΐο (Α 284f.), ver-
glichen mit Ajas ερκος Αχαιών (Γ 229), zeigt das Werden dieser
Form. Ob ihr Ursprung im Götterhymnus liegt, wo solche Nominal-
anaklese häufig ist, oder im Menschenenkomion, bleibe dahin-
gestellt1.
1 Eine Sonderbehandlung fehlt, soweit ich sehe. Vgl. F. Dornseiff,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften