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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 1. Abhandlung): Martials Grabepigramm auf den Pantomimen Paris: XI,13 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42020#0015
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Martials Grabepigramm auf den Pantomimen Paris

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nenne (s. u.), in zwei Teile zerlegt, v. 2—3 und 6—7. Das jugend-
liche Alter des Toten ist hier sachlich wichtig und wird deshalb
zahlenmäßig bestimmt, während bei Paris weder Beruf noch so-
ziale Stellung noch Alter genau angegeben sind. Warum auch,
Pantomimen und Primadonnen haben kein Alter, ein ,,Paris“ ist
und bleibt Inbegriff von männlicher Jugendblüte. Im späteren
Epigramm war die Anrede an den viator ganz knapp und schlicht
im ersten Vers enthalten; dagegen im Glauciasepigramm steht sie
— der etwas gezierten Pointe wegen — im letzten Vers. Nebenbei
bemerkt: angesichts des beträchtlichen Reichtums von Martials
Sprach- und Formenschatz fällt im Gebrauch des Wortes viator
eine gewisse Stereotypie auf. Viator kommt in allen 15 Büchern
nur im gleichlautenden Nominativ und Vokativ vor und überall
als Versende, sowohl im Hendecasyllabus1 wie im Hexameter2. In
Grabepigrammen ist es natürlich stets Anrede, zweimal im Gedicht-
beginn (Parisepigramm XI 13 und in X 63), einmal im Gedicht-
schluß (unser Glauciasepitaph) und einmal im Gedichtinnern (XI
91, 3).
Wie schon gesagt, ist das Elogium des Glaucias zweigeteilt,
das des Paris geschlossen. Dort Wechsel zwischen Substantivstil
und (hinter dem sperrenden Vers 4) einer Adjektivgruppe (deliciae,
nachher castus, integer, velox, felix), hier eine große Substantiv-
ballung v. 3—5 (deliciae, sales, ars, gratia, lusus, voluptas, decus,
dolor), der sich v. 6 in Veneres Cupidinesque ein mythologisch
gesteigerter Ersatz für den Begriff venustas anschließt (s. u. S. 13).
Doch wichtiger als die formale Variatio ist der sachliche Unter-
schied. Bei Glaucias heißt es 'er war das und das’, entsprechend
dem Haupttypus des Totenlobs. Bei Paris 'das und das ist mit
ihm im gleichen Grab bestattet’. Dort das direkte, hier das in-
direkte Elogium, das überaus selten ist; über sein Vorkommen
s. u. S. 17 ff. Das direkte herrscht so sehr vor, daß ich vermute,
der Leser des Parisepigramms wird zunächst auf eine falsche Fährte
gelockt. Er erwartet, nach Erwähnung des nobile marmor etwas
vom Bestatteten zu hören, und wird beim Übergang von v. 2 zu 3
das Urbis deliciae usw. zunächst als vorausgestellte prädikative
Nomina zu dem noch nicht genannten, aber sicher zu erwartenden
Namen des Toten verstehen. Erst im letzten Vers entdeckt er,
daß es sich um die Subjekte zu condita handelte, um die mit-

1 II 6, 14; IV 55, 24; VI 28, 10; XI 13, 1.
2 IX 64, 3; X 63, 1; XI 91, 3; XIII 25, 1.
 
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