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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0016
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Es wird im einzelnen nicht gesagt, warum diese oder jene Farbe
gewählt wurde1, ob irgendeine Absicht damit verfolgt wurde. Man
wird beim Elfenbeingriff zunächst an das Vornehmere, Wertvollere
denken; doch ist daran zu erinnern, daß weiß und schwarz auch
im Aberglauben eine Rolle spielen und daß Messer mit schwarzem
Griff für Zauberzwecke dienlich waren2. Im übrigen war die Be-
schreibung des Traditionsmessers auch zweckdienlich für ein etwa
später notwendiges Wiedererkennen.
Michelet3 berichtet von einem Fall aus Troyes vom Jahre
1087, wo ein junger Mann, bestürzt vom plötzlichen Tode seines
Vaters, welcher Kirchengüter an sich gerissen hatte, ein schwarzes
Messer auf den Altar legte. Da kann die Farbe zum Bekenntnis
der Schuld gewählt worden sein.
Urkunden aus früherer und aus späterer Zeit sprechen von
einem Messer, dem die Spitze abgebrochen ist, per costello pizio
fracto4, coltellum fr actum5, cultellum sine cuspide6 7. Desgleichen ist
unter einem cultellum plicatum? oder cultellum flexum8 ein Messer
mit abgebrochener oder doch verbogener Klinge zu verstehen. In-
wieweit jedoch auch cultellus curvatus9 10 oder incurvatus10 dasselbe
bedeutet, oder ob damit ein krummes Messer gemeint ist, möchte
ich einstweilen dahingestellt sein lassen. Wenn vereinzelt nur der
Griff erwähnt ist11, so war wohl beim Brechen der Klinge ein zu
kleiner Rest übrig geblieben. Man hat absichtlich gebrochene
Messer für die Rechtshandlung verwendet. Das lehren uns die Ur-
kunden, aus denen eindeutig hervorgeht, daß die Messer erst ge-
legentlich des Geschäftsaktes gebrochen wurden. Das Brechen wird
1 H. Mitteis, Lehnrecht und Staatsgewalt, 1933, S. 509.
2 Siehe § 16, 2.
3 Origines du droit Frangais, 1837, S. 182.
4 836 Cod. Dipl. Langob. nr. 127. cultello pitzio fracto 842 ebenda
nr. 146. Brunner, Rechtsgeschichte der Urkunde, 1880, S. 105 denkt an
das rhätische Piz, Bergspitze. Vgl. Meyer-Lübke, Romanisches etymologi-
sches Wörterbuch, nr. 6545.
5 1075 DuCange IV 411. Baildon, Selected Civil Pleas I (1200—1203),
nr. 16.
6 s. S. 15, Anm. 12.
7 1079 Du Cange IV 413. per coltellum perlicato 841 Pertile, Storia
del diritto Italiano2 IV (1893), 229.
8 1262 Du Cange IV 414. cultellum flessum 1358 ebenda.
9 1101 E. Mayer, Einkleidung 56.
10 cultello incurvato 1062 Du Cange I\ 413.
11 cum manubrio cultri Du Cange IV 416.
 
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