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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 3. Abhandlung): Messerbräuche: Studien zur Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42022#0061
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Eberhard Freiherr von Küxssberg:

In Urfehden kommt die Verpflichtung vor, nur Messer mit
abgebrochener Spitze zu tragen.
So heißt es in einer Urfehde von 1408 aus Speyer1:
das ich nu fürbaß mit iederman desto fryedelicher hüben möge,
so haut mir myne herren von Spire . . dar zu uffgesetzet, das ich
. . als lange ich geleben, deheine andre argwenig messen oder
waffen, danne alleine eyn brotmesser, dem fornen die spitze abe
sij, fürbaß tragen sol.
Das abgebrochene Messer gilt sozusagen als Zeichen der Ehr-
losigkeit eines Begnadigten. In einer Berner Urfehde von 1523
ist das so ausgedrückt2:
desgleichen sol und will ich dann hinfiir dehein ander gewer noch
waffen tragen als ein mässer, das vor abgebrochen sye, durch .so
erkenn ich, das . . min gnädigen herren mir lyb und laben uss
gnaden geschänkt haben und das ich deshalb hinfiir alls einer,
so sin er und glitten liimbden verwiirkt hat, zu deheiner erlichen
Sachen gebracht würden und deshalb niemand wäder nütz noch
scheid sin soll.
Wer den Schutz eines Asyls aufgesucht hat, der muß sich erst recht
Beschränkungen gefallen lassen3:
Jeder, der auf der freiung ist, darf kein ander währ tragen, dein
ein meßer, daß ein spann4 auf der kling hat.
Er darf nur ein abbrochen sündl bei sich haben5, ein meßrl dem sol
der spiz vor abgebrochen sein6, ain schciitmesser, das sol vor abge-
prochen sein und damit er ain prodt mit schneidt7. Das Messer des
Freilingers spielt auch bei der Verlängerung der Asylfrist eine Rolle8.
1 v. Küxssberg, Lesestücke zur rechtlichen Volkskunde, 1936, S. 29.
— Spätere Beispiele: 1499 Rau, Beiträge zum Kriminalrecht der freien
Reichsstadt Frankfurt im Mittelalter, 1914, S. 206. —- 1462 Nürnberg:
Deutsche Städtechroniken V, 283. —- Grimm, Rechtsaltertümer4 I, 400.
2 Gertrud Müller, Die Tröstung im bernischen Recht, Bern. Diss.
1937, S. 113; ebenda S. 101 Beispiele aus den Jahren 1505. 1521. 1531. 1561.
3 1483 Österr. Weistümer IX 811; ebenda 817.
4 Vgl. Schiller-Lübbex, Mittelniederdeutsches Wörterbuch II 220.
5 1413 Österr. Weistümer XI 180; sundl oder siindel ist ein kleines
Messer.
6 Österr. Weistümer VIII 913; ebenda 705. — v. Küxssberg, Deutsche
Bauernweistümer, 1926, S. 25.
7 Österr. Weistümer VIII 1045. — Weitere Beispiele für abgebrochene
Messer s. oben §§ 1. 3. 5. 10. 11.
8 Siehe § 6.
 
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