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Eberhard Freiherr von Ivünssberg:
Mindestens so verbreitet wie das Messerstecken ist der Glaube
an die Wirkung des Messerwurfs. Messerwurf stillt den Wirbel-
wind1. Bei schwerer See werfen die Matrosen das Messer mit der
Schneide in das Wasser, um die Wasserdämonen zu töten und selbst
die Landhexen, die das Unwetter verschuldet haben2. Auch gegen
den Werwolf, gegen Irrlichter und gegen Lawinen3 werden Messer
geworfen.
2. Im Aberglauben und Zauberbrauch spielen schwarze Gegen-
stände eine besondere Rolle. Daher treffen wir auch schwarze
Messer, das heißt Messer mit schwarzem Griffe immer wieder an.
In Griechenland legt man der Wöchnerin ein solches unter das
Kopfkissen4 zum Schutz gegen böse Geister. In lateinischen Wetter-
segen5 ist es ein cultellum nigrum, mit dem der bannende Zauber-
kreis beschrieben wird; auch im griechischen Wettersegen wird mit
einem schwarzen Messer gedroht. Zur Bekämpfung von Hals-
krankheiten dient gleichfalls ein Zaubersegen cum cultello, qui
habet manubrium nigrum6. Um sich schußfest zu machen hat man
nach einem Simmentaler abergläubischen Rat folgendes zu tun7:
kauf an einem Donnerstag nach Fespern ein Messer mit einem
schwarzen Höfti, nimm es, wie sie es dir schätzen, stoß das Höfti
in die Scheide in linken Hosensack unten, so mag keiner schießen.
Bei den Rechtsbräuchen mit Messern wird in der Regel das
dazu nötige Messer nicht weiter beschrieben; wenn jedoch, dann
wird eher ein weißer Griff, ein Elfenbeinmesser verlangt8. Es ist
eine Ausnahme, wenn z. B. in einer englischen Schenkungsurkunde9
1 Handwörterbuch d. d. Aberglaubens VI, 194. E. H. Meyer, Badi-
sches Volksleben, 1900, S. 368f. Die mythologische Ausdeutung dieser Mei-
nung kann hier außer Betracht bleiben. Schon Mannhardt hat die Blendung
des Polyphem mit dem Messerwurf in die Windsbraut gleichgestellt. Laistner,
Rätsel der Sphinx II (1889) 110. I 109. 165.
2 Mailly, Rechtsaltertümer, 1929, S. 53.
3 Jegerlehner, Sagen aus dem Unterwallis, 1909, S. 23; Jeger-
lehner, Sagen aus dem Oberwallis, 1913, S. 295.
4 Pradel, Griechische u. süditalienische Gebete, Beschwörungen und
Rezepte des Mittelalters, 1907, S. 383; Th. Zachariä, Kleine Schriften zur
indischen Philologie, 1920, S. 351.
5 A. Jacob y, Volkskundliche Splitter / Schweizerisches Archiv für Volks-
kunde 23 (1920), 222.
6 Zachariä, a. a. O., 350.
7 Schweizerisches Archiv für Volkskunde 19 (1916), 229.
8 Siehe oben § 3, S. 15f.
9 Notes and Queries 152 (1927), 32.
Eberhard Freiherr von Ivünssberg:
Mindestens so verbreitet wie das Messerstecken ist der Glaube
an die Wirkung des Messerwurfs. Messerwurf stillt den Wirbel-
wind1. Bei schwerer See werfen die Matrosen das Messer mit der
Schneide in das Wasser, um die Wasserdämonen zu töten und selbst
die Landhexen, die das Unwetter verschuldet haben2. Auch gegen
den Werwolf, gegen Irrlichter und gegen Lawinen3 werden Messer
geworfen.
2. Im Aberglauben und Zauberbrauch spielen schwarze Gegen-
stände eine besondere Rolle. Daher treffen wir auch schwarze
Messer, das heißt Messer mit schwarzem Griffe immer wieder an.
In Griechenland legt man der Wöchnerin ein solches unter das
Kopfkissen4 zum Schutz gegen böse Geister. In lateinischen Wetter-
segen5 ist es ein cultellum nigrum, mit dem der bannende Zauber-
kreis beschrieben wird; auch im griechischen Wettersegen wird mit
einem schwarzen Messer gedroht. Zur Bekämpfung von Hals-
krankheiten dient gleichfalls ein Zaubersegen cum cultello, qui
habet manubrium nigrum6. Um sich schußfest zu machen hat man
nach einem Simmentaler abergläubischen Rat folgendes zu tun7:
kauf an einem Donnerstag nach Fespern ein Messer mit einem
schwarzen Höfti, nimm es, wie sie es dir schätzen, stoß das Höfti
in die Scheide in linken Hosensack unten, so mag keiner schießen.
Bei den Rechtsbräuchen mit Messern wird in der Regel das
dazu nötige Messer nicht weiter beschrieben; wenn jedoch, dann
wird eher ein weißer Griff, ein Elfenbeinmesser verlangt8. Es ist
eine Ausnahme, wenn z. B. in einer englischen Schenkungsurkunde9
1 Handwörterbuch d. d. Aberglaubens VI, 194. E. H. Meyer, Badi-
sches Volksleben, 1900, S. 368f. Die mythologische Ausdeutung dieser Mei-
nung kann hier außer Betracht bleiben. Schon Mannhardt hat die Blendung
des Polyphem mit dem Messerwurf in die Windsbraut gleichgestellt. Laistner,
Rätsel der Sphinx II (1889) 110. I 109. 165.
2 Mailly, Rechtsaltertümer, 1929, S. 53.
3 Jegerlehner, Sagen aus dem Unterwallis, 1909, S. 23; Jeger-
lehner, Sagen aus dem Oberwallis, 1913, S. 295.
4 Pradel, Griechische u. süditalienische Gebete, Beschwörungen und
Rezepte des Mittelalters, 1907, S. 383; Th. Zachariä, Kleine Schriften zur
indischen Philologie, 1920, S. 351.
5 A. Jacob y, Volkskundliche Splitter / Schweizerisches Archiv für Volks-
kunde 23 (1920), 222.
6 Zachariä, a. a. O., 350.
7 Schweizerisches Archiv für Volkskunde 19 (1916), 229.
8 Siehe oben § 3, S. 15f.
9 Notes and Queries 152 (1927), 32.