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Nikolaus [Editor]; Baur, Ludwig [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 4. Abhandlung): Nicolaus Cusanus und Ps. Dionysius im Lichte der Zitate und Randbemerkunge des Cusanus — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42023#0050
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Ludwig Baur Cusanus-Texte: III. Marginalien

omnibus laudatur“. (DN VII, 1 ff.). Auch De ven. sap. c. 35
(I, 216r) ist hierfür zu vergleichen.
Die metaphysische Voraussetzung und Grundlage
für solche positive Aussagen über Gott ist darin gegeben,
daß Gott alles in allem, daß sein Wesen das Urbild der Welt ist,
daß er in allem und in ihm eminenter alles ist, daß er forma forma-
rum, substantia substantiarum, das Maß und das Leben aller Dinge
ist. Alle Dinge haben ihren Wesensgehalt durch „participatio
laudabilium“ von ihm. Aber, da er seinem Wesen nach erhaben
ist über alle Dinge, „super omnem positionem. . ., perfecta eminen-
tia“, so kommen ihm alle positiven Eigenschaften und Attribute
eminenter et excellenter zu: „est plus quam substantia,
supersubstantialis“ (Docta ign. I, 18) usw.
Denn wie Cusanus häufig unter Berufung auf Dionysius
sagt: „Deus excedit scientiam omnem“ (De non aliud c. 14 S. 137,
16; DN I, 4). Gott wird, wie Nicolaus in der Predigt „Fides autem
catholica“ (II, 26v) vom Jahre 1431 ausführt, „secundum Diony-
sium per eminentiam“ anerkannt, so daß, wenn in der Kreatur
eine Potenz gefunden wird, Gott die höchste Potenz zuerkannt wer-
den muß, „quamquam in Deo ex ipso et per ipsum sint ornnia, ta-
rnen incomprehensibilis a creatura. Ambulat enim super pennas
ventorum i. e. super intelligentias angelorum.“1 Es dürfte hier
Bezug genommen sein auf GH NV, 6, vielleicht auch auf DN VIII,
1 u. 2. — Ähnlich spricht er sich unter Zitierung von Ps. Diony-
sius CH XIII, 4 (PG 3, 304c) in De non aliud c. 14 (172, 15ff.)
aus: „Admonebatur ergo theologus ex his, quae cernebat, ut se-
cundum omnem substantialem eminentiam cunctis visibi-
libus invisibilibusque virtutibus absque ulla comparatione Deus
excelsior sit.“ Dem entsprechend benützt Nicolaus auch häufig die
von Dionysius bzw. dem Neuplatonismus geschaffenen Ausdrücke
wie supersubstantialis, superbonus und ähnliche.
Nicolaus hat zu verschiedenen Zeiten seiner geistigen Ent-
wicklung ernstliche und unermüdliche Versuche gemacht, das gött-
liche Wesen in einem zutreffenden Begriff zu fassen. Als solcher
erschien ihm erforderlich ein Begriff, der sich selbst und
alles andere definieren könnte. Die früheste Definition ist:
Gott ist die Goincidenz der Gegensätze, wie in der Docta
ignorantia dargetan wird. — Die zweite Definition ist der Begriff
1 Vgl. zu diesem Psalmzitat (Ps. 17, 11) I. Stiglmayr, Himmlische
Hierarchie 82 Anm. 2.
 
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