Metadaten

Nikolaus [Hrsg.]; Baur, Ludwig [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 4. Abhandlung): Nicolaus Cusanus und Ps. Dionysius im Lichte der Zitate und Randbemerkunge des Cusanus — Heidelberg, 1941

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42023#0033
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III. Die sachlichen Zusammenhänge
1. Daß Nicolaus Cusanus die Schriften des Ps. Dionysius
gekannt und benützt hat, daß eine ganze Anzahl von Parallelismen
und Lehrzusammenhängen zwischen ihm und dem Areopagiten
besteht, ist eine so offensichtliche Tatsache, daß sie unmöglich
bezweifelt oder gar in Abrede gezogen werden kann. Schon unsere
statistische Zusammenstellung der Zitate (S. 18·—32) beweist dies
zur Genüge. Aber die Frage ist, ob Nicolaus Cusanus seine Lehre
oder doch wichtige Bestandteile derselben ihrem Inhalt nach aus
den Areopagitischen Schriften einfach entlehnt habe, ob also
eine glatte Herübernahme Ps. Dionysischer Lehren erfolgte. Dies
scheint indes nicht der Fall zu sein, wenigstens nicht für die frühe-
ren Schriften des Cusanus und für die grundlegenden und tragen-
den Lehrpunkte seiner Philosophie, Theologie und Mystik. Nico-
laus selbst legt an der bereits erwähnten Stelle der Apologia doctae
ignorantiae [1449] 12, 14 ff. u. 19 ff. offenbar sehr großen Wert
darauf, mit möglichstem Nachdruck und unmißverständlicher
Klarheit zu betonen, daß er die in der Docta ignorantia (denn um
diese handelt es sich in der Apologie) entwickelten Gedanken und
Lehren seines philosophischen und theologischen Systems und sei-
ner Mystik, speziell die Lehre von der Coincidenz nicht erst aus
Ps. Dionysius übernommen habe, sondern, daß er sie bereits con-
zipiert hatte, ehe er mit den Areopagitischen Schriften bekannt
wurde. Ja, er ist geradezu der Überzeugung, daß ihm diese Gedan-
ken nicht aus irgendwelchen literarischen Vorlagen, sondern wie
eine Art Offenbarung von oben zugekommen seien1, und daß er
allerdings für sie bei Ps. Dionysius vielfältige Bestätigung und
Bekräftigung gefunden habe. Daß dieses seine ernstliche Auffas-
sung war, ergibt sich aufs bestimmteste aus dem Wortlaut der
Stelle Apologia 12, 14. Hier läßt er den Schüler sagen: ,,Praecare
praeceptor, quamvis nullo studio tibi advenerit conside-
ratio, quam in Docta ignorantia aperuisti, sed Dei
dono, tarnen non dubium: multos veterum sapientum quaesivisti,
ut videres si in omnibus idem reluceret.“ Diese Annahme bestätigt
1 Docta ign. III Perorat; vgl. Apol. 12, 14.
3 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1940/41. 4. Abh.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften