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Nikolaus [Hrsg.]; Baur, Ludwig [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 4. Abhandlung): Nicolaus Cusanus und Ps. Dionysius im Lichte der Zitate und Randbemerkunge des Cusanus — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42023#0055
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1. Nicolaus Cusanus und Ps. Dionysius im Lichte der Zitate

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suo principio pariter et fine Dionysio attestante.“ — Vielleicht
handelt es sich um die Stelle DN V, 10: Πάντων ούν αρχή καί
τελευτή των οντων ό προών. Vorausgesetzt ist dabei eine Identi-
fizierung der beiden Begriffe προών und ,,possest“, was sachlich ja
zutrifft. -— Vielleicht ist auch DN VIII, 2 u. 3 heranzuziehen.
Gott als das Posse (Können), oder als potentia. Der
Begriff des Posse bezeichnet jenes Wesen, ohne das nichts sein,
leben und erkennen kann. Daher findet Nicolaus, daß dieser
Name weit passender sei als die Bezeichnung Possest. Eine Bezie-
hung zu Ps. Dionysius könnte höchstens gefunden werden in sei-
nen Ausführungen über die göttliche Macht (potentia) δύναμις in
DN VIII, 1—6 u. CH XIX, 3; αύτοδύναμις DN XI, 6 (PG 3, 953c)
und άπειροδύναμος DN VIII, 2 u. 3 entsprechend Proklus, Inst.
Theol. c. 84, 86; In Parm. V. 56, 293. 300; VI, 98 u. ö.
Die Wesenseigenschaften Gottes. Gott als Sein
(esse). Als erstes Wesensprädikat Gottes ist das Sein zu nennen.
Es ist früher als die Güte oder die Werthaftigkeit Gottes. Das Sein
geht also auch dem Einheitsbegriff voran. ,,Esse praecedit unum“
RB 146.
Die antike Philosophie hatte die begriffliche Konstruktion des
Gottesbegriffs auf mehrfache Weise versucht: auf der Grundlage
des Seinsbegriffs wie Aristoteles, des Gutheitsbegriffs wie Plato,
des Einheitsbegriffs wie Plato und die Neuplatoniker. Alle diese
Begriffskonstruktionen treten uns in den späteren Entwicklungen
des Gottesbegriffs wieder entgegen.
Ps. Dionysius führt DN V, 1 (MTh III PG 3, 1033, a verweist
er auf diese Stelle) als göttliche Wesenbezeichnungen an das Sein,
das Leben und die Weisheit, was durchaus dem Neuplatonischen
Dreiklang esse, vivere und intelligere entspricht. Vgl. Proklus,
Theol. Plat. III, 9: ούσία, ζωή und νους, die ja auch von Nicolaus
Cusanus unzähligemal erwähnt werden, so wenn Nicolaus in
der Predigt XXXI „Martirms hic pauper“ vom 11. November 1444,
Mainz (p. II, 72r) Gott bezeichnet als absoluta entitas, absoluta
vita und absolutus intellectus, oder als ens entium, vita viventium,
lumen intellectuale intelligentium, oder als principium rationis
essendi, vivendi et intelligendi wie in der Predigt XLI ,,Dicite
filiae Sion“ vom 21. März 1445 (p. II, 47v).
W enn Nicolaus Cusanus von Gott sagt: Ens primo et per-
fecte invenitur in Deo (RB 483), wenn er ihn bezeichnet als esse, als
 
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