1. Nicolaus Cusanus und Ps. Dionysius im Lichte der Zitate
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Urbild aller Dinge. In ihm sind alle Dinge „exemplariter“ (RB
489). Er ist die complicatio oder Zusammenfaltung von allem und
die Welt als endliches Abbild ist die beschränkte explicatio oder
Auseinanderfaltung des göttlichen urbildlichen Wesens. Als das
Maximum ist er alles das, was sein kann, actu, in Wirklichkeit.
Es war dem Cusaner von Wenck der Einwand gemacht wor-
den: wenn Gott alles ist, was ist, so kann er nicht alles aus Nichts
geschaffen haben m. a. W. der Begriff der complicatio schließt
die creatio aus. Nicolaus Cusanus sucht diesem Einwand in der
Apologia 28, 18—23 unter Berufung auf Dionysius in folgender
Weise zu begegnen: „Cum Deus solum sit complicatio omnis esse
cuiuscumque existent.is, hinc creando explicavit caelum et terram;
immo quia Deus est omnia complicite modo intellectualiter divino,
hinc et omnium explicator, creator, factor et quidquid circa hoc
dici potest. Sic arguit magnus Dionysius.“ ·— Dieser behandelt
DN I, 7 die aufgeworfene Frage in folgenden Ausführungen: „Mit-
hin wird in dieser Weise auf die Ursache von allem, die über allem
ist sowohl die Namenlosigkeit passen, als auch alle Namen des
Seienden, damit die Herrschaft über das All deutlich hervortrete
und alles rings um sie her geordnet und an sie als die Ursache, der
Ursprung und das Endziel geknüpft sei und damit sie selbst nach
dem Worte der Schrift „alles in allem“ sei und wahrheitsgemäß
gefeiert werde als die Macht, welche allem Subsistenz, Ursprung,
Vollendung und Zusammenhalt gibt“1. DN II, 10 (PG 3, 648c)
sagt Ps. Dionysius geradezu: ..,, ώς παν καί μέρος καί ολον
έν έαυττ) συνειληφυια (seil, ή πάντων αιτία) καί ύπερέχουσα καί
προέχουσα.“ Im übrigen ist der Gedanke der Einheit Gottes
als complicatio omnis esse klar ausgesprochen DN XIII, 3: Die
Offenbarung feiert die ganze Urgottheit durch den Namen des
Einen, der er ist durch die überintensive Ungeteiltheit der ganzen
göttlichen Einigkeit, in der alles einheitlich gesammelt und
übergeeint und überwesentlich ehevor ist.
Am kürzesten drückt diesen Gedanken aus RB 14: „radius divi-
nus omnia complicat“ oder RB 84: „virtus divina continet omnia.“
Also auch diese für Cusanus so wichtigen Begriffe der complicatio
und explicatio hält Nicolaus für dionysische Begriffe und zwar mit
vollem Recht, wie DN I, 5; II, 10; V, 4; X, 1; XIII, 3 deutlich
genug zeigen.
De ven. sap. [1463] c. 21 (I, 209r) an der bereits angeführten
1 Übersetzung v. J. Stiglmayr, S. 30.
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Urbild aller Dinge. In ihm sind alle Dinge „exemplariter“ (RB
489). Er ist die complicatio oder Zusammenfaltung von allem und
die Welt als endliches Abbild ist die beschränkte explicatio oder
Auseinanderfaltung des göttlichen urbildlichen Wesens. Als das
Maximum ist er alles das, was sein kann, actu, in Wirklichkeit.
Es war dem Cusaner von Wenck der Einwand gemacht wor-
den: wenn Gott alles ist, was ist, so kann er nicht alles aus Nichts
geschaffen haben m. a. W. der Begriff der complicatio schließt
die creatio aus. Nicolaus Cusanus sucht diesem Einwand in der
Apologia 28, 18—23 unter Berufung auf Dionysius in folgender
Weise zu begegnen: „Cum Deus solum sit complicatio omnis esse
cuiuscumque existent.is, hinc creando explicavit caelum et terram;
immo quia Deus est omnia complicite modo intellectualiter divino,
hinc et omnium explicator, creator, factor et quidquid circa hoc
dici potest. Sic arguit magnus Dionysius.“ ·— Dieser behandelt
DN I, 7 die aufgeworfene Frage in folgenden Ausführungen: „Mit-
hin wird in dieser Weise auf die Ursache von allem, die über allem
ist sowohl die Namenlosigkeit passen, als auch alle Namen des
Seienden, damit die Herrschaft über das All deutlich hervortrete
und alles rings um sie her geordnet und an sie als die Ursache, der
Ursprung und das Endziel geknüpft sei und damit sie selbst nach
dem Worte der Schrift „alles in allem“ sei und wahrheitsgemäß
gefeiert werde als die Macht, welche allem Subsistenz, Ursprung,
Vollendung und Zusammenhalt gibt“1. DN II, 10 (PG 3, 648c)
sagt Ps. Dionysius geradezu: ..,, ώς παν καί μέρος καί ολον
έν έαυττ) συνειληφυια (seil, ή πάντων αιτία) καί ύπερέχουσα καί
προέχουσα.“ Im übrigen ist der Gedanke der Einheit Gottes
als complicatio omnis esse klar ausgesprochen DN XIII, 3: Die
Offenbarung feiert die ganze Urgottheit durch den Namen des
Einen, der er ist durch die überintensive Ungeteiltheit der ganzen
göttlichen Einigkeit, in der alles einheitlich gesammelt und
übergeeint und überwesentlich ehevor ist.
Am kürzesten drückt diesen Gedanken aus RB 14: „radius divi-
nus omnia complicat“ oder RB 84: „virtus divina continet omnia.“
Also auch diese für Cusanus so wichtigen Begriffe der complicatio
und explicatio hält Nicolaus für dionysische Begriffe und zwar mit
vollem Recht, wie DN I, 5; II, 10; V, 4; X, 1; XIII, 3 deutlich
genug zeigen.
De ven. sap. [1463] c. 21 (I, 209r) an der bereits angeführten
1 Übersetzung v. J. Stiglmayr, S. 30.