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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 2. Abhandlung): Rom und die Christen im ersten Jahrhundert — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42027#0043
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Rom und die Christen im ersten Jahrhundert

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gleich, ja übertrafen sie vielleicht noch an Heiterkeit und Sterbens-
freude!
Der wahre Unterschied zwischen den Philosophen und den
Christen liegt in der Verschiedenheit des Zieles. Der Weise gibt
um seiner inneren Freiheit willen vieles dran; er hofft dies eine zu
bewahren: die Selbstbehauptung edlen Menschentums. Der Christ
ist zu demselben Verzicht bereit, aber im Blick auf eine andere
Welt, nach deren Gesetzen er sich jetzt und hier schon richtet.
Er lebt als Bürger des Gottesreichs (Phil. 3, 20), und kann darum
auf alle irdischen Bürgerrechte verzichten. Er kann aber ange-
sichts dieses heidnischen, ihm völlig fremden Staates sich auch
irdischen Bürgerpflichten entziehen, wenn sie dem Gottesreich
widerstreiten. Der Stoiker will sich selbst ausbilden, der Christ
will sich dem Gottesreich anbilden. Hier gibt es, bei größter Ver-
wandtschaft. in der äußeren Haltung1, keine Verständigung in der
innersten Motivierung.
Eine solche Verständigung ist gleichwohl versucht worden. Erst
von hier aus begreift man die Darstellung der Märtyrer im 1. Kle-
mensbrief. Wenn er die Opfer der neronischen Verfolgung nach
einem Schema der Moralphilosophie zeichnet, wenn er die Apostel
in die Nähe der von Stoikern und Kynikern so hoch verehrten
philosophischen Athletenbilder rückt, und von Paulus in Ausdrük-
ken redet, die man auf Herakles anzuwenden gewöhnt war, so
weicht er damit einer allzu politischen Behandlung der Christen-
verfolgungen aus, zugleich aber nähert er die Gestalten der christ-
lichen Frühzeit dem Idealbild antiken Menschentums2. Er betritt
damit einen Weg, auf dem die Apologeten des zweiten Jahrhunderts
erheblich weiter gegangen sind.

1 Es ist wohl kein Zufall, daß die sich häufig findende Aufzählung der
Güter, die der Stoiker dranzugeben entschlossen ist, immer wieder an Paulus
(Röme'r 8, 38; Phil. 3, 4), noch viel mehr aber an Luthers Reformationslied
denken läßt: Epiktet 1 29, 10 τό σωμάτιον λάβε, τήν κτήσιν λάβε, τήν φήμην
λάβε, τούς -ερι έμέ λάβε — das ist ungefähr: nehmen sie den Leib, Gut, Ehr,
Kind und Weib (vgl. noch IV 1, 87; 7, 5). Nur schließt der Stoiker nicht:
das Reich muß uns doch bleiben, sondern πάντα ταϋτα ήγήσασθαι άλλότρια
(IV 1, 87).
2 in der Annäherung an stoische Philosophie war die jüdische Apolo-
getik bereits vorangegangen. Im IV. Makkabäer-Buch ist der Stoff, die Mär-
tyrergeschichten von Eleazar, den 7 Brüdern und ihrer Mutter, eingekleidet
in eine Diatribe mit dem Thema: die Vernunft ist Herrin der Affekte — als
ob die Gesetzesstrenge dieser Juden, die sich weigern, Schweinefleisch und
 
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