48 G. Hölscher: Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung
‘Ammi’anas vergleichen1. Auf sicher mythischen Ursprung indes
führt der Vergleich Esaus und Jakobs mit dem phönikischen Brüder-
paare Usoos und Samemrumos (Hypsuranios), über die Philo von
Byblos aus Sanchuniathon berichtet2: von Genos, Aion und Proto-
gonos, so erzählt er, stammten sterbliche Söhne ab, Phos, Pyr und
Phlox, die die Erzeugung des Feuers entdeckten und seinen Ge-
brauch lehrten. Ihre Söhne waren die Biesen, von denen die Berge
Kasion, Libanos, Antilibanos und Tabor ihre Namen tragen3. „Von
diesen wurde Samemrumos, d. i. Hypsuranios, erzeugt4. Sie (die
Biesen) aber, sagt er, nannten sich nach den Müttern, den Weibern
jener Zeit, die ungehemmt Umgang pflogen mit jedem, dem sie
begegneten5.“ „Und weiter sagt er, Hypsuranios habe Tyrus be-
siedelt und Hütten erfunden aus Rohr, Binsen und Papyrus; er
sei aber in Streit geraten mit seinem Bruder Usoos, welcher zuerst
eine Bedeckung für den Körper erfand aus Fellen von wilden Tieren,
die er zu fangen verstand. Als aber reißende Regengüsse und Winde
eintraten, habe er (Samemrumos) durch Aneinanderreiben der in
Tyrus vorhandenen Bäume Feuer entzündet und den Wald daselbst
in Brand gesteckt ; Usoos dagegen habe Bäume genommen und
entblättert und zuerst gewagt aufs Meer hinauszufahren, er habe
aber zwei Stelen dem Feuer und dem Winde geweiht, sie angebetet
und ihnen Blut gespendet von den Tieren, die er erjagte. Als sie
dann gestorben seien, hätten, sagt er, die Hinterbliebenen ihnen
Stäbe geweiht, die Stelen angebetet und ihnen (den Verstorbenen)
Feste Jahr um Jahr gefeiert“. Usoos ist ‘Usu, das auf dem Fest-
lande gelegene Alttyrus6. Vom Festlande fährt Usoos übers Wasser
nach der Inselstadt Tyrus. Sein Name ist identisch mit ‘Esau7.
Samemrumos ist smmrmm = „hoher Himmel“8, nach Eisseeldt
ein Kultbau oder Stadtteil von Sidon. Die Sage würde demnach
1 Wellhausen, a. a. O., S. 23 f.: nach Ibn Ischak (Ibn Hischam 13);
doch findet sich der Name auch als Personenname auf sabäischen Inschriften.
2 Bei Euseb. pr. ev. I 10 ed. Gaisford.
3 Lies ©aßup statt des überlieferten Bpa-B-u (Eissfeldt).
4 Lies nach Cod. D syew/jt)-/] Sagr^poijfAop und nach Cod. E 6 y.od rYt|iou-
pavtoq.
5 Vgl. oben zu Genesis 6X_4.
6 O. Eissfeldt, Ras Schamra und Sanchuniathon, 1939, S. 62ff. (Beitr.
zur Religionsgeschichte des Altertums, 1939, H. 4).
7 Die Yokalisation des Namens ist hebräisch, wie se‘är.
8 In der Bauinschrift des Königs Bodaschtart von Sidon, 4. oder 5. Jahr-
hundert, bei M. Lidzbarski, Texte I 1907, S. 19, Nr. 8; vgl. Eissfeldt,
a. a. O., S. 62 ff.
‘Ammi’anas vergleichen1. Auf sicher mythischen Ursprung indes
führt der Vergleich Esaus und Jakobs mit dem phönikischen Brüder-
paare Usoos und Samemrumos (Hypsuranios), über die Philo von
Byblos aus Sanchuniathon berichtet2: von Genos, Aion und Proto-
gonos, so erzählt er, stammten sterbliche Söhne ab, Phos, Pyr und
Phlox, die die Erzeugung des Feuers entdeckten und seinen Ge-
brauch lehrten. Ihre Söhne waren die Biesen, von denen die Berge
Kasion, Libanos, Antilibanos und Tabor ihre Namen tragen3. „Von
diesen wurde Samemrumos, d. i. Hypsuranios, erzeugt4. Sie (die
Biesen) aber, sagt er, nannten sich nach den Müttern, den Weibern
jener Zeit, die ungehemmt Umgang pflogen mit jedem, dem sie
begegneten5.“ „Und weiter sagt er, Hypsuranios habe Tyrus be-
siedelt und Hütten erfunden aus Rohr, Binsen und Papyrus; er
sei aber in Streit geraten mit seinem Bruder Usoos, welcher zuerst
eine Bedeckung für den Körper erfand aus Fellen von wilden Tieren,
die er zu fangen verstand. Als aber reißende Regengüsse und Winde
eintraten, habe er (Samemrumos) durch Aneinanderreiben der in
Tyrus vorhandenen Bäume Feuer entzündet und den Wald daselbst
in Brand gesteckt ; Usoos dagegen habe Bäume genommen und
entblättert und zuerst gewagt aufs Meer hinauszufahren, er habe
aber zwei Stelen dem Feuer und dem Winde geweiht, sie angebetet
und ihnen Blut gespendet von den Tieren, die er erjagte. Als sie
dann gestorben seien, hätten, sagt er, die Hinterbliebenen ihnen
Stäbe geweiht, die Stelen angebetet und ihnen (den Verstorbenen)
Feste Jahr um Jahr gefeiert“. Usoos ist ‘Usu, das auf dem Fest-
lande gelegene Alttyrus6. Vom Festlande fährt Usoos übers Wasser
nach der Inselstadt Tyrus. Sein Name ist identisch mit ‘Esau7.
Samemrumos ist smmrmm = „hoher Himmel“8, nach Eisseeldt
ein Kultbau oder Stadtteil von Sidon. Die Sage würde demnach
1 Wellhausen, a. a. O., S. 23 f.: nach Ibn Ischak (Ibn Hischam 13);
doch findet sich der Name auch als Personenname auf sabäischen Inschriften.
2 Bei Euseb. pr. ev. I 10 ed. Gaisford.
3 Lies ©aßup statt des überlieferten Bpa-B-u (Eissfeldt).
4 Lies nach Cod. D syew/jt)-/] Sagr^poijfAop und nach Cod. E 6 y.od rYt|iou-
pavtoq.
5 Vgl. oben zu Genesis 6X_4.
6 O. Eissfeldt, Ras Schamra und Sanchuniathon, 1939, S. 62ff. (Beitr.
zur Religionsgeschichte des Altertums, 1939, H. 4).
7 Die Yokalisation des Namens ist hebräisch, wie se‘är.
8 In der Bauinschrift des Königs Bodaschtart von Sidon, 4. oder 5. Jahr-
hundert, bei M. Lidzbarski, Texte I 1907, S. 19, Nr. 8; vgl. Eissfeldt,
a. a. O., S. 62 ff.