Metadaten

Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0006
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6 G. Hölscher: Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung
Der „Jahvist“
Die Einheit des jahvistischen Werkes ist keine völlige. Man
hat längst innerhalb des Jahvisten allerlei sekundäre Elemente er-
kannt, die, wie die Analyse zeigen wird, im allgemeinen als Nach-
träge oder Bearbeitungen von jüngeren Händen verstanden wer-
den können1. Nicht überall freilich scheint diese Ergänzungshypo-
these auszureichen. Das gilt insbesondere von der Urgeschichte
(Gen 1—11), deren Erzählungen, soweit sie nicht aus der Priester-
schrift (P) stammen, schon August Dillmann2 und dann vor allem
Karl Budde3 aus zwei selbständigen Quellen, der letztere aus zwei
parallelen jahvistischen Urgeschichten (J1und J2) herleitete. Sieht
man ab von der durch einzelne kühne Umstellungen der Texte
gewonnenen Bekonstruktion des ursprünglichen Zusammenhangs,
so erscheint die Analyse Buddes im ganzen einleuchtend, aber es
bleibt die Frage, ob seine von fast allen Forschern bis heute ver-
tretene Verteilung auf zwei selbständige Jahvisten berechtigt ist.
Sie gründet sich bekanntlich auf den im masoretischen Text konse-
quent durchgeführten Gebrauch des Gottesnamens Jahve. Auf
diesen stützt sich dann die weitere Annahme, daß die sog. ,,elo-
histische“ Quelle (E) an der Urgeschichte völlig unbeteiligt sei und
ihre Darstellung erst mit Abraham beginne. Den ersten nachweis-
lich elohistischen Satz pflegt man in Gen 15ia zu sehen: ,,Nach diesen
Geschichten erging das Wort Jahves an Abraham im Gesicht4 *.“
Dieser Satz ist offenbar kein Buchanfang, er ist die charakteristi-
sche Formel, mit der E von einem Abschnitt zum anderen über-
leitet, setzt also eine Vorgeschichte von gewissem Umfang voraus,
nicht nur eine kurze Erklärung der Situation, in der sich Abraham
in Gen 15 befindet. Nach Jos 242-4 hat E auch von den Vorfahren
Abrahams in Mesopotamien berichtet. Die Vermutung ist demnach
nicht willkürlich, daß E, ebenso wie sein Vorgänger J und sein
Nachfolger P, auch die Geschichte der Urzeit erzählt hat. Wenn
dies aber wirklich der Fall ist, so wäre es auffällig, wenn der Re-
1 Zur Orientierung vgl. z. B. H. Holzinger, Einleitung in den Hexa-
teuch 1893, S. 142ff.; C. Steuernagel, Einleitung in das Alte Testament,
1912, S. 140f.
2 Genesis6 1892. Die Stücke Gen 41T__24 64_4 920 rechnete Dillmann zur
Quelle E, aus der sie entweder J selbst oder ein Redaktor entlehnt habe.
3 Biblische Urgeschichte, 1883.
4 Der Satz ist nach Stil und Inhalt typisch elohistisch, vgl. Gen 224
397 404 484 Jos 2 429, auch Gen 22.20aoc s. u. S. 16 Anm. 2.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften