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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0053
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Stoff und Gestaltung

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einem anderen Falle, wie dem Simsons, „des Sonnenmannes“, er-
innert der Name an alten Sonnenkult1. Mythische Stoffe umspin-
nen diese Sagengestalten, so die Erzählung von dem Besuch der
drei göttlichen Gäste bei Abraham an der Terebinthe zu Mamre2,
von dem nächtlichen Ringkampf Jakobs mit dem Gotte am Jab-
bok, also einem den Übergang versperrenden Flußgott3, oder von
den Abenteuern Simsons, dessen Riesenstärke in der Zauberkraft
seines Haares liegt4. Typisch auch für die hebräischen Sagen-
gestalten ist das Grab, das am heiligen Platze gezeigt wTird5, eine
Umdeutung ihres ursprünglich chthonischen Wohnsitzes, etwa einer
Höhle6. Die Riten, die man hier vollzieht, sind Kultriten: man
gießt das Trankopfer auf den Malstein am Grabe7; auch ruft man
die Heroen als Nothelfer an8, d. h. man glaubt an ihr Fortleben an
heiliger Stätte9. Die Herabdrückung der Götter zu Heroen wird

Schlange, genannt Nechuschtan, dem man opferte und Heilzauber zuschrieb
2. Reg 184 Num 214_9; auch hier wird es sich um Fortleben eines älteren
Kultes handeln. Noch bei Jesaia (6lff.) ist der im Tempel thronende Jahve
von geflügelten Schlangendämonen als seinen Trabanten umgeben.
1 Darauf weisen die Ortsnamen der Gegend: Bet-schemesch, Har-Cheres
Jud 135, Timnat-Cheres Jos 1950 2 430, wo man das Grab Josuas, vielleicht
auch eines alten Kultheros, zeigte, vgl. Ed. Meyer, Israeliten, S. 476. 528.
2 Die Sage ist verwandt der Sage von dem Besuch der drei Götter bei
IJyrieus von Tanagra und der Geburt des Orion (Palaephat., incred. 5; Ovid.,
fast. 5, 494ff.), vielleicht also eine Wandersage, die nicht ursprünglich an
Mamre haftete (Gunkel). Die drei Männer erinnern an die drei Riesen von
Hebron Achiman, Scheschai und Talmai Num 1322 Jos 1514 Jud 110.
3 Auch sonst erinnern Züge in der Jakobsage an den Riesencharakter
Jakobs, so Gen 2910 3146 (vgl. 2818 E); s. ob.
4 Er zerreißt mit der bloßen Hand einen Löwen Jud 146; er erschlägt
tausend Philister mit einem Eselskinnbacken, der den Bergrücken Ramat-
Lechi darstellt Jud 1515_17; er trägt das Stadttor von Gaza auf seiner Schulter
bis auf den Berg bei Hebron Jud 163; er zerreißt die ihm angelegten Fesseln
Jud 1543f. 164ff. und stürzt die Säulen des Dagontempels zu Gaza um Jud
^29f‘
5 Jakobs Grab in Abel-Misraim Gen 5013, Rachels Grab bei Efrat. Gen
3519f. 487 E, Deboras Grab (mit dem Baum) bei Betel Gen 358 14 E, Simsons
Grab zwischen Sor‘a und Eschta’ol Jud 1631, Josuas Grab in Timnat-Cheres
Jos 2430 Jud 29 E.
6 Saras Grab in der Höhle Makpela bei Hebron Gen 23 Ps.
7 Auf dem Malstein am Grab der Debora Gen 3514 E.
8 Jes 51lf. 6316 Anspielungen auf die Anrufung Abrahams und Saras;
s. oben.
9 Jer 3115: Rachel weint über ihre Kinder. Vom zähen Fortleben der
Lokalkulte besitzen wir bis in späteste Zeit Zeugnisse. So über Mamre, wo
 
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