76 G. Hölscher: Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung
Ebenso sagenhaft wie die Geschichte der Lade ist noch die
Frühgeschichte Sauls. Seine Salbung durch Samuel ist eine Dich-
tung im Stile des Glücksmärchens: er ging aus, seines Vaters Ese-
linnen zu suchen, und fand ein Königreich. Sein Aufruf zur Hilfe
für Jabesch variiert das schon in Jud 1929f. verwendete Motiv. Was
sich an Geschichtlichem darin spiegelt, ist die Feindschaft der ‘Am-
moniter gegen Israel (2. Sam lOff.) und die freundliche Haltung
der Jabeschiten gegen Saul (1. Sam 3111ff. 2. Sam 24ff. 21 iiff ).
Wirkliche Erinnerung liegt der Erzählung vom Philistersiege Sauls
bei Mikmas zugrunde, aber auch hier konzentriert sich alles um das
novellenhafte Abenteuer Jonatans.
Derselbe novellenhafte Charakter beherrscht auch weiterhin
die Geschichte Sauls, obwohl hier der Kern der Erzählungen zu-
meist ein echt geschichtlicher ist. In wie starkem Maße die Saul-
Davidgeschichte als Ganzes künstlerische Komposition ist, wurde
bereits gezeigt. Auch im einzelnen ist sie auf Schritt und Tritt
von sagenhaften Motiven durchwoben, und übernatürliche Kräfte
greifen in das Geschehen ein. Saul, anfangs ein Gegenbild des Ret-
ters Simson und von göttlichem Geiste erfüllt, wird, sobald David
auftritt, von Jahve verlassen; ein böser Geist der Schwermut und
der Eifersucht treibt ihn, David, seinen Waffenträger und glück-
licheren Nebenbuhler im Philisterkriege, zu verfolgen, bis er ver-
zweifelnd bei der von ihm selber verbotenen Totenbefragung Zu-
flucht sucht und durch Selbstmord in der Schlacht endet. David
ist es, dem alles durch Jahve glückt, dem alle von Anfang an das
künftige Königtum weissagen, Abigail und Abner, auch Jonatan
und selbst Saul in eigener Person. Alle seine Feinde müssen fallen,
Abner durch die brutale Hand Joabs, Eschba‘al durch die Söhne
Rimmons, die übrigen Sauliden auf Verlangen der racheheischen-
den Gib‘oniten, deren Forderung Jahve selbst gutheißt; nur der
lahme Sohn Jonatans Meriba‘al und dessen Söhnchen Mika bleiben
verschont, wie David dem Freunde einst geschworen hat. Und wie
die Sauliden, so kommen auch die anderen Gegner einer nach dem
anderen um, Nabal, „der Tor“, in der Trunkenheit von Jahves
eigener Hand geschlagen, Achitofel, der treulose Ratgeber, in Ver-
zweiflung sich erhängend, Absalom, den Joab wider des Vaters
Willen ersticht, und Scheba‘, der letzte Widersacher aus Benjamin,
dessen Kopf die Bewohner von Abel dem Belagerer Joab über die
Mauer zuwerfen; Salomo aber, der Sohn der Batscheba‘, die David
durch Gattenmord und Ehebruch zum Weibe gewonnen hat, wird
Ebenso sagenhaft wie die Geschichte der Lade ist noch die
Frühgeschichte Sauls. Seine Salbung durch Samuel ist eine Dich-
tung im Stile des Glücksmärchens: er ging aus, seines Vaters Ese-
linnen zu suchen, und fand ein Königreich. Sein Aufruf zur Hilfe
für Jabesch variiert das schon in Jud 1929f. verwendete Motiv. Was
sich an Geschichtlichem darin spiegelt, ist die Feindschaft der ‘Am-
moniter gegen Israel (2. Sam lOff.) und die freundliche Haltung
der Jabeschiten gegen Saul (1. Sam 3111ff. 2. Sam 24ff. 21 iiff ).
Wirkliche Erinnerung liegt der Erzählung vom Philistersiege Sauls
bei Mikmas zugrunde, aber auch hier konzentriert sich alles um das
novellenhafte Abenteuer Jonatans.
Derselbe novellenhafte Charakter beherrscht auch weiterhin
die Geschichte Sauls, obwohl hier der Kern der Erzählungen zu-
meist ein echt geschichtlicher ist. In wie starkem Maße die Saul-
Davidgeschichte als Ganzes künstlerische Komposition ist, wurde
bereits gezeigt. Auch im einzelnen ist sie auf Schritt und Tritt
von sagenhaften Motiven durchwoben, und übernatürliche Kräfte
greifen in das Geschehen ein. Saul, anfangs ein Gegenbild des Ret-
ters Simson und von göttlichem Geiste erfüllt, wird, sobald David
auftritt, von Jahve verlassen; ein böser Geist der Schwermut und
der Eifersucht treibt ihn, David, seinen Waffenträger und glück-
licheren Nebenbuhler im Philisterkriege, zu verfolgen, bis er ver-
zweifelnd bei der von ihm selber verbotenen Totenbefragung Zu-
flucht sucht und durch Selbstmord in der Schlacht endet. David
ist es, dem alles durch Jahve glückt, dem alle von Anfang an das
künftige Königtum weissagen, Abigail und Abner, auch Jonatan
und selbst Saul in eigener Person. Alle seine Feinde müssen fallen,
Abner durch die brutale Hand Joabs, Eschba‘al durch die Söhne
Rimmons, die übrigen Sauliden auf Verlangen der racheheischen-
den Gib‘oniten, deren Forderung Jahve selbst gutheißt; nur der
lahme Sohn Jonatans Meriba‘al und dessen Söhnchen Mika bleiben
verschont, wie David dem Freunde einst geschworen hat. Und wie
die Sauliden, so kommen auch die anderen Gegner einer nach dem
anderen um, Nabal, „der Tor“, in der Trunkenheit von Jahves
eigener Hand geschlagen, Achitofel, der treulose Ratgeber, in Ver-
zweiflung sich erhängend, Absalom, den Joab wider des Vaters
Willen ersticht, und Scheba‘, der letzte Widersacher aus Benjamin,
dessen Kopf die Bewohner von Abel dem Belagerer Joab über die
Mauer zuwerfen; Salomo aber, der Sohn der Batscheba‘, die David
durch Gattenmord und Ehebruch zum Weibe gewonnen hat, wird