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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0077
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Stoff und Gestaltung

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zum Liebling Jahves, ,,Jedidja“ 2. Sam. 1225, und als ihn der
altersschwache Vater zum Nachfolger ernannt hat, gelingt es ihm,
sämtliche Gegner am Hofe, den Bruder Adonija, Joab und Schim‘i
durch Mord, den Priester Ebjatar durch Verbannung zu beseitigen.
Bei allen Mordtaten, die zu seinem Vorteil geschehen, erscheint
David selber als unschuldig; die Schuld fällt stets auf die Opfer
oder die Mörder, vor allem auf Joabs grausames Ungestüm. David
und sein Haus bleiben von Blutschuld rein, während Joab und
seine Nachkommen von David verflucht werden: „Mögen in Joabs
Haus kein Ende nehmen, die an Fluß und Aussatz leiden, die sich
auf Krücken stützen, die durchs Schwert fallen oder denen es
mangelt an Brot!“ 2. Sam 329. Dasselbe wiederholt später Salomo
1. Reg 233.
Es ist ein historischer Roman, der uns hier erzählt wird. Saul,
der zu großen Taten berufen war 1. Sam lOe ioff. Uö, wird gleich
zu Anfang von Mißgeschick heimgesucht, als er durch unvorsich-
tiges Gelübde den eigenen Sohn in Gefahr bringt 1. Sam 1424.
Schon hier nimmt das Volk gegen Saul für Jonatan Partei, und
gar bald büßt Saul alle Sympathie des Lesers ein durch die bös-
artige Verfolgung Davids, dem er doch in allen Stücken unter-
liegen muß. David ist der Günstling Jahves, den der Gott in allen
Fährnissen beschützt; er ist auch der Liebling des Volkes 1. Sam
18ö—7; denn, wie der Verfasser bemerkt, „alles gefiel, was der
König tat“ 2. Sam 336. Ja, der eigene Sohn Sauls stellt sich
gegen den Vater auf Davids Seite, hilft ihm zur Flucht vor Saul,
und David verspricht ihm darum Schonung seiner Nachkommen
für alle Zeiten 1. Sam 20i4-i7 42. Nichts zeigt den romanhaften
Charakter der Geschichte deutlicher, als dies idyllische Bild der
Freundschaft Davids und Jonatans. Dem königlichen Verfolger
gegenüber wird David als der großherzige und edelmütige gezeich-
net, der sich weigert, den in seine Hände gefallenen Gesalbten
Jahves zu töten, der den Boten, der Sauls und Jonatans Tod ihm
meldet und Botenlohn erwartet 2. Sam 4io, ebenso wie die Mörder
Eschba‘als 2. Sam 4i2, töten läßt, der die Leichen der Gefallenen
ehrenvoll bestattet 2. Sam 24-7 2111-14, der Jonatans Sohn Mika
schont und an der königlichen Tafel speisen läßt 2. Sam 91 2.
1 Man sollte nach alledem, nach einem Zornesausbruch Sauls wie 1. Sam
2 030 _34, einen völligen Bruch zwischen Vater und Sohn erwarten; statt dessen
finden wir den Sohn in der Schlacht am Gilboa1 an der Seite des Vaters kämpfen
und fallen 1. Sam 312 2. Sam 14 12 vgl. 2112_14.
 
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