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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0093
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Entstehungszeit und Leitgedanke

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Jakob heißt bei J „Israel“ als Vater der zwölf Stämme. Die
Anordnung der Stämme bei J (Gen 29f.) ist die, daß die Söhne
Leas, Rüben, Simeon, Levi und Juda, voran stehen; ihnen folgen
Dan und Naftali, die Söhne der Magd Rachels, und Gad und Ascher,
die Söhne der Magd Leas; sodann als weitere Söhne Leas Issakar
und Zebulun, und den Schluß bilden Josef und Renjamin, die
Söhne Rachels. Diese auf den ersten Rlick nicht ganz durchsich-
tige Anordnung begreift sich aus einem auch sonst in den Genea-
logien des J zu beobachtenden Prinzip, wonach die in der Steppe
siedelnden Stämme als die älteren, die ins Kulturland vorgedrun-
genen als die jüngeren angesehen werden1. So ist Ismael älter als
Isaak, Esau älter als Jakob, die in der Steppe wohnenden Söhne
Nachors von Milka älter als die im Kulturlande ansässigen Söhne
von dem Kebsweibe Re‘uma2. Ebenso sind die ältesten Söhne Ja-
kobs die Stämme im Grenzgebiete der Steppe, Rüben im Osten,
Simeon und Levi im Süden. Daß diese Stämme zur Zeit des Ver-
fassers untergegangen oder bedeutungslos geworden sind, veran-
schaulicht der Segen Jakobs Gen 493-7 durch ihre Verfluchung
(vgl. Gen 3521—22a 3430f.). Juda hat infolgedessen die Hegemonie
über die Rrüder, wie dies auch in der Josefgeschichte zum Aus-
druck kommt (Gen 3721 26f. 43sf. 44s 18-34 4628). Nur von Juda
wird daher auch eine ausführliche Sage erzählt, die von der Ent-
stehung der drei großen judäischen Geschlechter handelt Gen 38.
Von da ans begreift sich die Anordnung der Stämme bei J. Sieht
man von den drei untergegangenen Stämmen ab, so steht Juda
an der Spitze; ihm folgen die Stämme des Nordens in geographi-
scher Reihenfolge: Dan, Naftali, Gad, Ascher, Issakar, Zebulun,
Josef und Renjamin. Die Reihenfolge geht hier von Norden nach
Süden, um Josef und Renjamin an den Schluß stellen zu können.
Die Anordnung nimmt also auf die politische Unterscheidung von
Juda und Israel Rücksicht. Auch die Verteilung auf die Frauen
und Mägde erfolgt nach geographischem Ciesichtspunkte. Von den
Frauen Lea und Rachel werden die Hauptstämme im Süden und
im mittleren Westjordanlande abgeleitet, wobei die Herleitung
Josefs und Renjamins von Rachel ältere Sagentradition ist, wäh-
rend sich in der Zuweisung Issakars und Zebuluns zu Lea der An-
1 Zugrunde liegt das gleiche Empfinden, wie bei den Arabern der Omaj-
jadenzeit, daß das Ursprüngliche in der Wüste, das Abgeleitete im Kultur-
lande ist.
2 Vgl. Ma‘aka in Nordpalästina.
 
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