Karl Engisch:
nach dem früher Gesagten die Bestimmung der Rechtsfolge hier
nicht behandeln, braucht auf Einzelheiten nicht eingegangen zu
werden. Ob es wie im Beispiel auf die Spezialisierung der Rechts-
folge für den Vollstreckungsbeamten oder wie in anderen Fällen
auf die Spezialisierung der Rechtsfolge für den verurteilenden
Richter ankommt, macht logisch keinen Unterschied. Auffallen
mag vielleicht, daß bei der Auslegung der Rechtsfolge anders als
bei der des Tatbestandes Obersatz und Untersatz ihre Stelle
vertauschen, wenn auch dort wie hier die Erläuterung dem gesetz-
lichen Sollenssatz nachfolgt. Es hängt dies natürlich damit zu-
sammen, daß die gesetzliche Rechtsfolge1 mit Bezug auf den Tat-
bestandsbegriff bzw. den Vordersatz des gesetzlichen Obersatzes als
Prädikatsbegriff bzw. Nachsatz erscheint. Die nähere Explizierung
der gesetzlichen Rechtsfolge bedeutet Aufstellung neuer Prädikate
für das die Rechtsfolge formulierende Prädikat bzw. die Anhängung
eines weiteren Nachsatzes an den die Rechtsfolge enthaltenden
Nachsatz. Die Rechtsfolge wird so zum Mittelbegriff und das von
ihr erläuternd Ausgesagte zum Oberbegriff. Bei der auslegenden
Entwicklung des gesetzlichen Tatbestandes dagegen ist es so, daß
diejenigen Fallgruppen angeführt werden, die dem Tatbestände
unterfallen, für die also der Tatbestand Prädikat bzw. Nachsatz
ist. Auf diese Weise wird der Tatbestand zum Mittelbegriff und
die an den Tatbestand angeknüpfte Rechtsfolge, die ja wie gesagt
Prädikat des Tatbestandes ist, zum Oberbegriff.
Soviel über die Gewinnung des Obersatzes bei der Begründung
des konkreten Sollensurteil aus dem Gesetz. Wir wenden uns nun
dem Unters atz zu, der die Hauptprobleme der Gesetzesanwen-
dung birgt. Hier wollen wir über das Formallogische hinausgehend
tiefer eindringen. Für uns ist es nunmehr gleichgültig, auf welche
Weise der Obersatz gewonnen wurde, wir nehmen ihn als gegebene
Größe hin. Ebenso ist es uns gleichgültig, ob der Schluß selbst ein
modus barbara ist oder ein modus ponens, denn der Untersatz ist
ersichtlich derselbe, ob ich formuliere: „wenn etwas X ist, so ist es
Y; A ist X; also A ist Y“ oder,, X ist Y; A ist X; also A ist Y“.
Uns interessiert jetzt das ,,A ist X“. Dieses ,,A ist X“ enthält,
einerlei, ob X aus einem oder mehreren Merkmalen2 besteht, die so-
1 Gemeint ist jetzt nicht die Todesstrafe, sondern das mit dem Tode
Bestraftwerdensollen, das als Enthauptetwerdensollen erläutert wird. Der
Ausdruck „Rechtsfolge“ ist leider nicht eindeutig.
2 Über die Subsumtion bei Mehrheit von Merkmalen s. Sigwart, Logik I,
nach dem früher Gesagten die Bestimmung der Rechtsfolge hier
nicht behandeln, braucht auf Einzelheiten nicht eingegangen zu
werden. Ob es wie im Beispiel auf die Spezialisierung der Rechts-
folge für den Vollstreckungsbeamten oder wie in anderen Fällen
auf die Spezialisierung der Rechtsfolge für den verurteilenden
Richter ankommt, macht logisch keinen Unterschied. Auffallen
mag vielleicht, daß bei der Auslegung der Rechtsfolge anders als
bei der des Tatbestandes Obersatz und Untersatz ihre Stelle
vertauschen, wenn auch dort wie hier die Erläuterung dem gesetz-
lichen Sollenssatz nachfolgt. Es hängt dies natürlich damit zu-
sammen, daß die gesetzliche Rechtsfolge1 mit Bezug auf den Tat-
bestandsbegriff bzw. den Vordersatz des gesetzlichen Obersatzes als
Prädikatsbegriff bzw. Nachsatz erscheint. Die nähere Explizierung
der gesetzlichen Rechtsfolge bedeutet Aufstellung neuer Prädikate
für das die Rechtsfolge formulierende Prädikat bzw. die Anhängung
eines weiteren Nachsatzes an den die Rechtsfolge enthaltenden
Nachsatz. Die Rechtsfolge wird so zum Mittelbegriff und das von
ihr erläuternd Ausgesagte zum Oberbegriff. Bei der auslegenden
Entwicklung des gesetzlichen Tatbestandes dagegen ist es so, daß
diejenigen Fallgruppen angeführt werden, die dem Tatbestände
unterfallen, für die also der Tatbestand Prädikat bzw. Nachsatz
ist. Auf diese Weise wird der Tatbestand zum Mittelbegriff und
die an den Tatbestand angeknüpfte Rechtsfolge, die ja wie gesagt
Prädikat des Tatbestandes ist, zum Oberbegriff.
Soviel über die Gewinnung des Obersatzes bei der Begründung
des konkreten Sollensurteil aus dem Gesetz. Wir wenden uns nun
dem Unters atz zu, der die Hauptprobleme der Gesetzesanwen-
dung birgt. Hier wollen wir über das Formallogische hinausgehend
tiefer eindringen. Für uns ist es nunmehr gleichgültig, auf welche
Weise der Obersatz gewonnen wurde, wir nehmen ihn als gegebene
Größe hin. Ebenso ist es uns gleichgültig, ob der Schluß selbst ein
modus barbara ist oder ein modus ponens, denn der Untersatz ist
ersichtlich derselbe, ob ich formuliere: „wenn etwas X ist, so ist es
Y; A ist X; also A ist Y“ oder,, X ist Y; A ist X; also A ist Y“.
Uns interessiert jetzt das ,,A ist X“. Dieses ,,A ist X“ enthält,
einerlei, ob X aus einem oder mehreren Merkmalen2 besteht, die so-
1 Gemeint ist jetzt nicht die Todesstrafe, sondern das mit dem Tode
Bestraftwerdensollen, das als Enthauptetwerdensollen erläutert wird. Der
Ausdruck „Rechtsfolge“ ist leider nicht eindeutig.
2 Über die Subsumtion bei Mehrheit von Merkmalen s. Sigwart, Logik I,