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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 5. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung: vorgelegt am 14.11.1942 — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42030#0026
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26

Karl Engisch:

zelne Objekt diejenigen Beschaffenheiten aufweist, deren Gleich-
heit oder Ähnlichkeit mit den Beschaffenheiten der andern durch
das Begriffswort betroffenen Objekte die Veranlassung bildet, den
Begriffsinhalt durch „Merkmale“ näher zu umschreiben1. Alles Ge-
sagte gilt insbesondere auch für die Begriffe und Merkmale des „ge-
setzlichen Tatbestandes“ und für die Subsumtion eines konkreten
individuellen Sachverhalts unter den gesetzlichen Tatbestand2.
Wollen wir also einen konkreten Sachverhalt unter den gesetzlichen
Tatbestand subsumieren, so bedeutet das im Grunde nichts anderes,
als daß wir jenen Sachverhalt, den wir uns als möglicherweise oder
wirklich geschehen vorstellen, im ganzen oder wenigstens in seinen
„wesentlichen Beschaffenheiten“ gleichsetzen denjenigen Fällen,
die zweifellos durch den gesetzlichen Tatbestand gemeint und be-
troffen sind. Die öfters anzutreffende Bedeweise, Subsumtion sei
„Bewußtsein von der Gleichartigkeit des konkreten Tatbestandes
mit dem abstrakten Gesetzestatbestand“3 halte ich dagegen für
nicht glücklich und irreführend, da sich der Vergleich m. E. immer
nur zwischen mehr oder minder konkreten Fällen und Falltypen,
nicht aber mit „Abstraktem“ vollziehen kann4.
Allerdings bleibt nun noch eine Beihe von Fragen zu beant-
worten.
a) Bedeutet Subsumtion Gleichsetzung des konkreten zu be-
urteilenden Falles mit den durch den gesetzlichen Tatbestand zwei-
fellos gemeinten Fällen, so müssen wir zunächst wissen, welche Fälle
vom gesetzlichen Tatbestand zweifellos gemeint sind. Dies zu er-
gründen ist nun gewiß Aufgabe der „Auslegung“. Es berühren
sich also an dieser Stelle Auslegung und Subsumtion, und man
könnte beide Gedankenoperationen noch mehr miteinander ver-
schmelzen wollen vermittels der Erwägung, daß „Auslegung“ all-
gemeine Ermittelung der vom Gesetzessinn betroffenen Fälle, „Sub-
sumtion“ aber Auslegung des Gesetzes in Richtung auf den kon-
1 Vgl. auch v. Aster, a.a.O., S. 127 Abs. 2.
2 S. dazu schon Arch. Rechts- und Sozialphilos. XXX, S. 135.
3 S. z. B. Bierling, a.a.O., S. 202; Binder, Phil. d. Rechts, 1925,
S. 905; Mannheim, a.a.O., S. 64ff.; Wälder, a.a.O., S. 11, 32; Freisler,
D. Justiz, 1940, S. 885 (vgl. oben S. 5) und auch Rickert, Lehre von der
Definition, 2. Aufl., S. 39. Besser spricht Stoll, Tübinger Festgabe, 1931,
S. 92 von einem Vergleich mit „dem Tatbestandsbild, das dem Gesetzgeber
vorgeschwebt hat“. Trefflich auch Dahm, Der Tätertyp im Strafrecht, 1940,
S. 36.
4 S. allerdings unten S. 37.
 
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