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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 5. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung: vorgelegt am 14.11.1942 — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42030#0075
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Logische Studien zur Gesetzesanwendung

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1. Für gewisse Wirkungen kommt häufig wenigstens nur eine
Gattung von Ursachen in Frage (oder umgekehrt). Sehen wir von
der höchst dubiosen künstlichen Befruchtung ab, so kommt als Ur-
sache für eine Schwangerschaft nur der Beischlaf in Betracht. Als
Ursache der Paralyse kennen wir nur die Syphilis. Auf diesem Wege
wird meist wenigstens Klarheit darüber gewonnen, ob eine mensch-
liche Handlung oder ein Naturereignis als Ursache in Frage kommt.
Häufig kann man dann aber im ersteren Falle der Handlung selbst
noch ,,ansehen“, ob sie vorsätzlich begangen worden ist oder nicht;
wenn z. B. ein Mensch mit vielen schweren Wunden erschlagen und
ausgeraubt aufgefunden wird, kann man ohne weiteres auf Raub-
mord schließen* 1. Das ist deshalb sehr wichtig, weil wir gerade he
züglich der facta interna bei Fehlen von Geständnissen der Person,
um deren Inneres es sich handelt, auf Indizien angewiesen sind. In
gewissen seltenen Fällen gelingt es sogar, unter Ausschaltung an-
derer Möglichkeiten eine ganz bestimmte Ursache als allein in Be-
tracht kommende zu erschließen. Findet man im Körper des Er-
mordeten eine Revolverkugel, die auffallende Unebenheiten auf-
weist, die mit den Unebenheiten im Laufe der bei dem Ermordeten
aufgefundenen Schußwaffe übereinstimmt2, so darf mit Gewißheit
angenommen werden, daß die Kugel aus diesem Revolver abgefeu-
ert wurde. Und wenn sich an dem Revolver Fingerabdrücke befin-
den, die auf eine ganz bestimmte Person liinweisen, so darf ange-
nommen werden, daß diese Person diesen Fingerabdruck durch An-
fassen des Revolvers hervorgerufen hat. Reine abstrakte Möglich-
keiten, extreme Zufälle scheiden wie Wunder für den juristischen
Indizienbeweis aus. Der Jurist muß sich stets streng an das Erfah-
rungswissen halten.
2. Soweit nun nach dem Vorigen noch Spielräume verbleiben
und soweit von vornherein verschiedene Gattungen von Ursachen
a.a.O., S. 616ff.; Glaser, a.a.O., S. 740, 743ff.; Bierling, a.a.O., S. 116ff.;
Rumpf, Der Strafrichter I, S. 182ff.
1 Vgl. auch Rumpf, a.a.O., S. 185 für den Schluß auf einen Einbruch
aus der Gesamtsituation: „Wenn man bei der Heimkehr sein abgeschlossen
verlassenes Haus mit Gewalt geöffnet vorfindet, wenn die Schränke und der
Schreibtisch in Unordnung gebracht sind und wenn daraus Geldsachen und
Eßsachen weggekommen sind, so ist es für die praktische Lebenserfahrung
völlig sicher, daß hier ein Einbruch verübt ist“.
2 Dies kann man durch Herstellung von Vergleichsgeschossen aus dem-
selben Revolver feststellen. Eine genaue Analyse der hierbei angestellten
Gedankenoperationen würde dann freilich zeigen, auf wie verwickelten Über-
legungen scheinbar einfache Tatsachenfeststellungen beruhen können.
 
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