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Kolbe, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 1. Abhandlung): Die ätolischen Soterien und die attische Archontenforschung — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42031#0070
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Walther Kolbe:

vorausgesagt werden. Denn das bei Pausanias X 215 erhaltene
Grabepigramm läßt erkennen, daß der eben erst dem Ephebenalter
entwachsene auf seinem ersten Kriegszug gefallen ist.
Aus diesen Überlegungen geht hervor, daß die Frühdatierung
in mancher Hinsicht den Vorzug verdient. Was uns aber noch fehlt,
ist der Nachweis ihrer Notwendigkeit. Indem wir an diese Aufgabe
herantreten, machen wir die prosopographischen Angaben über den
Politiker Eurykleides zum Ausgangspunkt. Beloch, Flaceliere
und Ferguson hatten sie freilich in ihrem Sinne für die Spätdatie-
rung geltend gemacht, wobei sie aus dem Ehrendekret IG. II2 834
herauslesen zu können meinten, daß Eurykleides um 2281 einen
erwachsenen Sohn gehabt habe, der bereits Staatsämter bekleidet
hatte. rUm 228’ — das will heißen: im Archontat des Diomedon,
in dem er nach Ausweis von IG. II2 791 Schatzmeister des Kriegs-
amtes gewesen war, in welcher Tätigkeit er sich von seinem Sohne
hatte vertreten lassen. Nun erkennt die genannte Gruppe von Ge-
lehrten, seit sie die Spätdatierung der Soterien vertreten, nur einen
Archon namens Diomedon an, den zweiten Nachfolger des Polyeuk-
tos. Das hat die Folge, daß man jenem Satz jetzt die Fassung geben
muß: ,,Eurykleides hat 259/8 (Beloch), 253/2 (Flaceliere, Fer-
guson), 247/6 (Dinsmoor) einen erwachsenen amtsfähigen Sohn
gehabt.“ Als ich diesen Einwand in den NGGW. a. a. 0. erhob und
hinzufügte, daß unter dieser Voraussetzung Eurykleides’ Geburt
spätestens um 300 angenommen werden müsse2, was angesichts sei-
ner sonstigen Lebensdaten — er ist noch unter Archelaos (nach
Ferguson 212/1, nach Dinsmoor 205/4) als Antragsteller bezeugt
(IG. II2 84442) — eine Unmöglichkeit ist, schlug Ferguson Am.
J. Phil. 1934, 335 vor, die Worte [καί] την των στρατιωτικών ταμιείαν
διε]ξήγαγε διά του ύοΰ dahin auszulegen, daß der Sohn in einem uns
nicht bekannten Jahr Inhaber des Amtes gewesen sei und darin
vom Vater unterstützt worden sei3. Daß derartige Fälle vorge-
kommen sind, steht außer Zweifel. Wir müssen uns fragen, wie
die Griechen ein solches Verhältnis ausdrückten. Als treffendes
Beispiel nenne ich das Phädrosdekret IG. II2 68252 ff.: καί ύστερον
1 So Beloch, Gr. Gesell. IV 22, 81.
2 Der Vollständigkeit halber füge ich hinzu, daß nach dem L. Robert-
schen Synchronismus das Jahr 241/0 einzusetzen ist, so daß Eurykleides’
Geburtsdatum t 290 wäre. Auch diese Möglichkeit ist mit seinen späteren
Lebensdaten unvereinbar.
3 ,,I think, that τήν-ταμιείαν διεξήγαγεν διά του ύοϋ will bear this
meaning.“
 
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