Metadaten

Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 3. Abhandlung): Geschichte des Ölbaums: vorgelegt am 20. Juni 1943 — Heidelberg, 1944

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42033#0022
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
22

Johannes Hoops:

es sich um zwei verschiedene Arten handelt, von denen nur
die eine veredelungsfähig und fast nur noch in kultiviertem oder
nachträglich verwildertem Zustand bekannt ist“1.
Ob Fischers Annahme richtig ist, daß der Oleaster nie zum
Ölbaum veredelt werden und umgekehrt der Ölbaum nie zum Ole-
aster verwildern könne, und ob Riklis Schlußfolgerung daraus not-
wendig ist, scheint mir zweifelhaft. Die Unterschiede zwischen dem
kultivierten Ölbaum und dem mediterranen Oleaster sind immer-
hin nicht so groß, daß sie nicht durch eine Züchtung von vier Jahr-
tausenden entstanden sein könnten. Und umgekehrt: bei der vier-
tausendjährigen Züchtung des kultivierten Ölbaums und der außer-
ordentlichen Langsamkeit seines Wachstums ist es nicht verwun-
derlich, wenn er hei Verwilderung nicht in verhältnismäßig kurzer
Zeit wieder alle Eigenschaften des Oleasters annimmt. Rikli selber
sagt vom Ölbaum: „Sich selbst überlassen, schlägt er gern in die
Stammform (var. silvestris) zurück und nimmt alsdann ganz das
Aussehen der Wildform an, so daß es oft schwer fällt, Wildpflanzen
und Rückschlagformen auseinanderzuhalten“ (a. a. 0. 53). Auch
Sprecher von Rernegg (S. 8) sagt, daß die Kulturform „unter
ganz schlechten Umständen und ohne Pflege leicht in die wilde
Form zurückschlägt“.
Die Unterschiede zwischen Ölbaum und Oleaster scheinen mir
danach nicht so groß, daß der mediterrane Oleaster nicht doch die
Stammform des Ölbaums sein könnte. Es muß ja einmal die Zeit
gegeben haben, wo durch Zuchtwahl und sorgsame Pflege aus einem
wilden Ölbaum der zahme entstand, was zunächst jedenfalls durch
Auspflanzen von Wurzeltrieben, erst später durch Pfropfen ge-
schah.
Doch halte ich es anderseits auch nicht für ausgeschlossen, daß
wir tatsächlich von einer andern wildwachsenden Olea-Art als
Stammpflanze der Olea europaea var. sativa auszugehen haben. Es
gibt nämlich in Palästina zwei wildwachsende Formen von
Olivenbäumen, die mir als Stammpflanzen des Ölbaums in Be-
tracht zu kommen scheinen. Über diese beiden Sorten wilder Oli-
ven, barri und dakkär genannt, berichtet Gustaf Dalman2, auf
Grund einer Mitteilung von Oberlehrer Rauer in Jerusalem, fol-
gendes: „Die erstere hat kleine kugelige Früchte, struppige Zweige
mit kurzen Blättchen, keine Dornen. Die zweite ebenfalls dornlose

1 a.a.O. 53.
2 Arbeit u. Sitte in Palästina IV 153 f.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften