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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 3. Abhandlung): Geschichte des Ölbaums: vorgelegt am 20. Juni 1943 — Heidelberg, 1944

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https://doi.org/10.11588/diglit.42033#0057
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IV. Gab es noch andere Ursprungsländer?

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ins Mittelmeergebiet kennen. Es mag eine Zeitlang gedauert haben,
bis das indogermanische Volk, das in seiner Heimat nur Butter und
tierische Fette kannte, sich an das Olivenöl zu Speisezwecken ge-
wöhnt hatte. Seine Verwendung als Salbmittel dagegen scheint
sich schneller eingebürgert zu haben.
Auf jeden Fall aber war die Kultur der Olive schon vor Homer-
bekannt1. Die homerischen Gedichte setzen den Anbau des
Ölbaums und die Verwendung des Olivenöls zu verschie-
denen Zwecken voraus2. Es wird bei Homer in allererster Linie
als Salbmittel benutzt. Zweimal wird seine Verwendung zur Ap-
pretur von feinen Linnenkleidern erwähnt. Einmal (Od. 19, 34) ist
von einer herrlichen Lampe (λύχνος) die Rede, die Pallas Athene
in der Hand hat, und in der sie ein schönes Licht entzündet: πάροδε
δέ Παλλάς ’Α-θ-ήνη, χρύσεον λύχνον εχουσα, φάος περικαλλές έποίει. Da
Athene die Schutzherrin des Ölbaums ist, handelt es sich hier sicher
um eine Öllampe, die ja schon im minoischen Kreta allgemein ge-
bräuchlich war (s. oben S. 47). Von einer Verwendung des Öls als
Speisefett erfahren wir bei Homer noch nichts, was allerdings nicht
unbedingt als argumentum ex silentio verwendbar ist.
Die Bekanntschaft Homers mit der Ölbaumzucht wird durch
einen hübschen Vergleich in. der Ilias (17, 53—58) weiter bestätigt:
Menelaos hat den Euphorbos, den Sohn des Panthoos, mit dem
Speer durchstochen; der Getroffene sinkt hin gleich dem Sproß des
grünenden Ölbaums, den ein Pflanzer an einem einsamen, wasser-
reichen Ort aufzieht. Der Vergleich wird noch weiter ausgeführt;
dabei „an einen Setzling des Oleasters zu denken, der einst nicht
Früchte, sondern Schatten, Holz, grüne Zweige geben soll“, wie
Hehn3 es für möglich hält, ist völlig ausgeschlossen; der Vergleich
zeigt deutlich, daß die Ölbaumkultur zu Homers Zeit in Griechen-
land völlig eingebürgert war. Hehns Ansicht4, daß das Olivenöl da-
mals noch kein Erzeugnis des heimischen Bodens, sondern ein exo-
tisches Produkt gewesen sei, das der Handel aus dem Orient ein-
führte, hat sich als unhaltbar erwiesen.
In späterer Zeit war Attika, dessen steiniger Kalkboden für
Getreidebau sich weniger eignete, während der Ölbaum vortrefflich
1 Schräder bei Hehn 6 117—19, 8 119—21. Th. Fischer, Der Öl-
baum 11 f. Sir Arthur Evans, Annual of the British Schoo] at Athens 7, 83.
2 Schräder, a.a.O., und Reallexikon sv. OlbaunT. Clotilde Mayer,
Das Öl im Kultus der Griechen-, Heidelberger Dissertation 1917, S. 13f.
3 Kulturpflanzen und Haustiere 6 106, 8 107.
4 a.a.O. 6 102, 104, 8 104f.
 
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