Metadaten

Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1944/48, 3. Abhandlung): Drei Erdkarten: ein Beitrag zur Erdkenntnis des hebräischen Altertums — Heidelberg, 1949

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42185#0015
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Erdkenntnis

15

Westrichtung „hinten“, der Süden „rechts“, der Norden ,links
ist1.
E'ne so beschränkte Kenntnis der Erde entspricht den Verhält-
nissen Israels zu Anfang seiner Geschichte. Israel ist stets ein Bin-
nenvolk gewesen; auch unter dem Königtum hat es keinen Hafen
am Meer besessen. Die Mittelmeerschiffahrt lag in phönikischen
Händen; von den Phönikern stammt der Name,,Tarsis-Schiff“ als Be-
zeichnung eines großen Handelsschiffes (Jes216), wie solche, um Sil-
ber, Eisen, Zinn und Blei zu holen (Hes 2712), nach dem spanischen
Tarsis (Ταρτησσός) fuhren2. Nur für kurze Zeit beteiligte sich Israel
am phönikischen Seehandel, nachdem es durch Davids Eroberung
in den Besitz des kleinen Hafens cEsjön-Geber bei ’Elat am Busen
von fAqaba gelangt war; durch seine Verbindung mit Chiräm von
Tyrus wurde es Salomo möglich, von hier aus Schiffe nach dem
Goldlande ’Öfir auszuschicken (1. Reg 926_28), was Josafat später
vergebens zu wiederholen versuchte (1. Reg 2249_50).
Die Lage von ’Öfir, de~sen Gold in der hebräischen Literatur
sprichwörtlich wurde3, ist viel umstritten. Daß es weder in Indien4
noch in Ostafrika5, sondern innerhalb des arabischen Meerbusens
zu suchen ist, ergibt sich schon aus der Tatsache, daß auch die
Ägypter der alten Zeit nicht über die Meerenge von Bäb el-Mandeb
hinausgefahren sind; ihre wenig stabilen Fahrzeuge waren nicht im-
stande, in der Straße von Perim die vom Indischen Ozean herein-
flutende Strömung, die starke Ebbe und Flut und die heftigen wech-
selnden Winde zu überwinden, wovon schon die alten Seefahrer zu
erzählen wußten6. Nach Gen 1029 gehört ’Öfir zu den Söhnen Joq-
täns, also zu den arabischen Stämmen, deren Namen jedenfalls zu
1 Süden = temän, auch jämin; Norden = semöl, auch dies besonders in
jüngeren Texten (Belegstellen bei Ges.-Buhl).
2 Tarsis (Ταρτησσός) ist die phönikische Bezeichnung der Hauptstadt (und
des Stromes) der Landschaft Turta in der fruchtbaren Ebene des Baetis (Gua-
dalquivir). Tarsis wurde im Osten berühmt durch seinen Reichtum an Silber
aus den Gruben der Sierra Morena und daneben an Zinn, welches man teils
ebendort gewann, teils vielleicht auch zur See aus England holte. Die Bewohner
hatten früh Seeverkehr mit den benachbarten Küsten, auch mit den Tyriern
von Gades. Vgl. dazu Ed. Meyer, Gesch. d. Altert. II 22, S. 94—105. *
3 Jes 1312 Ps 4510 lob 2224 28lß 1. Chron 294 Sir 718.
4 Über die Seefahrt von Ägypten nach Indien s. u. S. 16, 26, 39.
5 Über die Umseglung Afrikas durch die Phöniker unter Necho um 600
s. u. S. 26, 39.
6 Vgl. B. Moritz, Arabien. Studien zur physikalischen und historischen
Geographie des Landes, 1923 S. 72—77. 86.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften