Metadaten

Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1944/48, 3. Abhandlung): Drei Erdkarten: ein Beitrag zur Erdkenntnis des hebräischen Altertums — Heidelberg, 1949

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42185#0054
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
54

Gustav Hölscher

die Kimmerier. Die drei Namen umschreiben für den Verfasser of-
fenbar die ganze Linie vom eigentlichen Phrygien bis zum Wan-See.
Man darf sich dabei daran erinnern, daß die Phryger sich weit nach
Osten verbreitet haben. Nach Herodot sind die Armenier άποικοι
der Phryger1; auch Jer5127 stellt 'Ararat (Armenien), Minni (Mannai
im Norden des Urmia-Sees) und ’Askenaz (Phryger) zusammen.
Wie Urartu (Armenien) ist auch Lydien, wenigstens dem Na-
men nach, für den Verfasser der Völkertafel verschwunden. Er setzt
also den Untergang des Lyderreiches unter Kroisos 546 voraus.
Aber die Erinnerung an das einst mächtige Reich des Gyges (Gügu),
das bis zum Halys reichte, lebt'bei ihm fort in dem Namen Mägög,
dessen Gebiet er sich also wohl an der Stelle des alten Lydiens denkt,
während er den Namen der Lyder (Lüd) zu §em stellt.
Auffällig mag es scheinen, daß Mädai (die Meder), dessen eigent-
liches Gebiet ja weit im Osten liegt, erst hinter Gög und Mägög ge-
nannt wird, während der Verfasser seine Aufzählung sonst im Osten
zu beginnen pflegt. Er denkt also offenbar nicht speziell an das ei-
gentliche Medien, sondern an die Ausdehnung der „medischen“
Herrschaft über Ivleinasien, und da er den Sturz des Lyderreiches
voraussetzt, schließt er in den Namen der „Meder“ die Perser ein.
Diese Identifikation von Medern und Persern findet sich in älterer
Zeit bekanntlich häufig. Jes 1317 212 (vgl. auch Jer 51n.28) spricht
von den Medern, wo es sich nur um die Eroberung Babylons durch
Kyros handeln kann2. Denkt also der Verfasser der Völkertafel of-
fenbar an die Herrschaft der Perser über Kleinasien seit Darius I.,
so ist für seine Vorstellung das Gebiet von Mädai, das nördlich an
Syrien angrenzende Gebiet, das im Westen bis an Jäwän (Ionien)
reicht. Daß hier nicht das ganze Kleinasien zu Medien gerechnet
wird, sondern daneben Gomer und Mägög als selbständige Gebiete
erscheinen, stimmt zu den Inschriften des Darius I. von Behistün
und Naqs-i-Rustem, wo gleichfalls Armenien (Armina), Kappadokien
(Katpatuka), Lydien (Sparda = Sardes) und Ionien (Yaunä und
tyaiy darayahyä „die des Meeres“ oder Yauna takabarä „die Ionier,
welche geflochtenes Haar tragen“)3 neben Medien u. a. genannt
werden. Anm. 3 siehe nächste Seite.
1 Herod. VII, 73 (τη φωνή πολλά φρυγίζουσιν); Eudoxos (bei Steph. Byz.
s. v. Αρμενία = Eusthath. ad Dionys. Perieg. 634 (nach Dillmann, Genesis®,
173).
2 Ebenso bei den Griechen, z. B. Aeschylus, Pers. 236, 765, 791. Der Per-
serkrieg heißt bei Herodot, Thukydides u. a. τά Μηδικά, Xerxes bei Tiiuky-
dides (I, 89) ό Μήδος.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften