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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1944/48, 3. Abhandlung): Drei Erdkarten: ein Beitrag zur Erdkenntnis des hebräischen Altertums — Heidelberg, 1949

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https://doi.org/10.11588/diglit.42185#0059
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Die Karte des Jubiläenbuches

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nach der die Sonne nachts auf dem Okeanos gen Osten zurückkehrt1.
Von den Ripäen, welche die Nacht im Norden begrenzt, heißt es bei
Sophokles (Oedip. Col. 1248ff.): cd δ’έννυχι,αν άπδ Φιπαν, wozu
der Scholiast aus Alkman, fragm. 51 p. 645 zitiert: Φιπαν δρος άνθ-ίον
υλα νυκτδς μελαίνας στέρνον. Man denkt sie sich begraben in ewigem
Eis und Schnee2. Sie ziehen sich nach ursprünglicher Vorstellung
über den ganzen Nordrand der Erde hin, vom Osten bis zum fernen
Westen, wo noch Avien3 das westlichste Vorgebirge Europas, das
jugum Cyneticum (Säo Vicente in Portugal), als das Westende der
Ripäen betrachtet, von wo aus die Sonne nach Norden umwendet.
Man suchte deshalb dies Gebirge genau unter dem Sternbild des
Bären4. Hekatäus und seine Nachfolger zeichneten die Ripäen,
schematisch durchlaufend, parallel zum Hauptdurchmesser der Er-
de; sie enden im Westen bei der Bretagne, wo im 6. Jahrhundert die
keltischen Oistrymnier wohnen und wo nach Hekatäus die Donau
entspringt. Auf Agrippas Karte laufen die Ripäen vom Kaspischen
Meerbusen durch Sarmatien (Rußland) und Germanien bis zum
Rhein. Im Osten reichen sie ,,bis zum Anfang des sommerlichen Auf-
gangs“, d. h. bis zum Nordosten der Erdscheibe5. Die Geographen
verknüpfen dann die Vorstellung von diesem astronomischen Nord-
gebirge mit den ersten unsicheren Nachrichten vom Ural6; daher
haftet der Name für die Geographen vor allem am Nordosten der
Erde. So verknüpft die Agrippakarte den Kaukasus orographisch
mit dem Ripäengebirge7, und bei Marinus von Tyrus (Ptolemäus
1115,5) werden die Ripäen zu einem besonderen Gebirge von geringer
Ausdehnung, das er auf das Quellgebiet desTanais (Don) beschränkt.
Diese Meinung scheint auch der Verfasser des Jubiläenbuches zu ha-
ben. Er setzt das „Gebirge Räfä“ in den Nordosten des Erdrandes:
die Grenze Jafets gegen Sem zieht sich 828 ostwärts über „das Meer
Me’at“, d. h. die Maeotis (λίμνη Μαιωτις), dem Laufe des Tina-Flus-
ses, d. h. des Tanals (Don) folgend, bis an „die Grenze seiner Wasser
1 Athen, deipn. XI, 469 d ff.
2 Mela II, 1; Plin. IV, 88; Solin. 1520; Lucan. IV, 118; Val. Flacc. VII,
562 ff.
3 Avien., ora marit. 201 ff.
4 Aristoteles, Meteor. I 13, 20.
5 Solin. 17, 1: ad initium orientis aestivi, ubi deficiunt Riphaeorum rnon-
tium juga.
6 Vgl. Kiessling, a.a.O., Sp. 882f.
7 Vgl. Kiessling, ebenda.
 
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