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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1944/48, 3. Abhandlung): Drei Erdkarten: ein Beitrag zur Erdkenntnis des hebräischen Altertums — Heidelberg, 1949

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https://doi.org/10.11588/diglit.42185#0061
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Die Karte des Jubiläenbuches

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Äthiopen gleichmäßige Wärme herrscht, während in der Mitte der
Erde ein teils schroffer, teils sanfter Wechsel der Jahreszeiten statt-
findet1.
Die Erde ist eine vom Ozean umflossene Insel. Der Name des
Ozeans, des babylonischen „Ringflusses“, lautet im äthiopischen
Texte (822.26) ,,Meer Mä’ük“2, was schwerlich als Verdrehung von
Ωκεανός (Charles)3 zu erklären ist4. Ich vermute, daß es mit dem
hebräischen hüg („Kreis“), der Bezeichnung des Horizontkreises5,
zusammenhängt und Wiedergabe eines (sonst nicht belegten) mähüg
sein könnte6. Daß das „Meer Mä’ük“ in unserm Texte nur im Westen
erwähnt wird, begreift sich, weil hier von der bewohnten Erde aus
für die Schiffahrt der einzige Zugang zum Ozean ist. Dieser Ausfluß
des Mittelmeers in den Ozean heißt deshalb „der Mund des großen
Meeres an den Lippen der Wasser“ (815 vgl. 823)7. In 822 heißt es vom
Ozean, „daß alles, was dort hinabfährt, untergeht“8. Man wird an
Stellen aus Pindar erinnert, wo „über die Säulen des Herakles hin-
auswollen“ so viel bedeutet, wie das Äußerste erreichen9.
Neben dem „Meere Mä’ük“, dem Ozean, nennt der Verfasser
822 das „Meer "Atil“, die Άτλαντίς. Auch dieses Meer ist von Haus
aus eine mythische Größe, sein Name vielleicht abgeleitet von dem
Titanen Atlas, der nach Homer „des ganzen Meeres Tiefen kennt“10.
1 Vgl. H. Berger, a. a.O., S. 4, 121 f.
2 Vgl. auch Jub. 717, wo Weib und Stadt Chäms äthiop. ne’elätamä’ük
(syr. nehalmähüq) = nahälat mähüg (?) heißt.
3 Charles, The Book of Jubilees, 1902, S. 73.
4 Ωκεανός (auch ’Ώγενος, Ώγήν) ist jedenfalls ungriechisch, nach Gisin-
ger phönikisch (Forbiger, Handbuch 1833 II 2, vermutet ein phönikisches ok,
uk, ogh = Kreis), nach von Wilamowitz ägäisch (vgl. Pauli-Wissowa RE
Art. Ωκεανός). 5 Jes 4022 Prov 827 lob 2214.
6 Die Verwandlung von auslautendem g in k kann schon aus der griechi-
schen Übersetzung stammen, vgl. Transskriptionen der LXX, wie Δωηκ -
Do’eg, Σικελακ = Siqlag, Ναφεκ = Nefeg, Φαλεκ = Peleg.
7 Vgl. S. 68.
8 So ist der Text jedenfalls mit Littmann zu verstehen; die Textkorrek-
tur von Charles empfiehlt sich nicht.
9 Das Äußerste, den höchsten Grad erreichen nennt Pindar bildlich „die
Säulen des Herakles anrühren“. Olymp. III, 43f: νϋν γε προς έσ/ατίαν Θήρως
άρεταΐσιν ίκάνων άπτεται οΐκοθεν Ήρακλέος στάλάν; Isthm. III (IV) 29f.: άνορέαιν
δ’ οΐκοθεν στάλαισιν άπτονθ’ "Ηρακλείους. Darüber hinaus kann man nicht weiter
dringen, Nem. III, 20—23: άνορέαις ύπερτάταις έπέβα παΐς Άριστοφάνεος, ούκέτι
προτέρω άβάταν άλα κιόνων υπέρ "Ηρακλέος πέραν εύμαρές, ήρως θεός άς έθηκε ναυ-
τιλίας έσχάτας μάρτυρες κλυτας usav.
10 Homer, Od. I 52:: πάσης δς βένθεα οίδε θαλάσσςς.
 
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