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Panzer, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1949/50, 2. Abhandlung): Vom mittelalterlichen Zitieren — Heidelberg, 1950

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https://doi.org/10.11588/diglit.42217#0010
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Friedrich Panzer

seiner Gattin Kriemliild nach Worms gebracht, durch die Günther
und die Seinen zu einem Feste auf die nächste Sonnenwende ins
Heunenland geladen werden. Günther versammelt, so erzählt das
Lied, nach Anhören der Boten seinen Rat, damit er entscheide, oh
man der Einladung folgen solle. Die besten raten Günther zu, mit,
einziger Ausnahme Hägens. Er mahnt zu bedenken, was man
Kriemhild angetan habe, als man ihren Gatten erschlug. Wie dürf-
ten sie da wagen, in Etzels Land zu reiten ? Aber Günther verweist
auf die Versöhnung, die er mit der Schwester eingegangen, und auch
Gernot und Giselher reden lebhaft zu. Nur der Küchenmeister
Rumolt tritt auf Hägens Seite und mahnt den König daheimzu-
bleiben. Wo in aller Welt, stellt er ihm vor, könnt es ihm auch woh-
ler werden! Er braucht da keinen Feind zu fürchten, hat präch-
tiger Kleider die Fülle, kann den besten Wein trinken und der Minne
schöner Frauen genießen. Und nun sagt die Str. 1468:
Dar zuo git inan iu spise die besten di ie gewan
in der werlte künec deheiner. ob des niht mähte ergän,
ir soldet noch beliben durch iuwer schoene wip,
e ir so kintliche soldet wägen den Up.
Günthers Länder seien so reich, gegebene Pfänder ließen sich da
leichter auslösen als im LIeunenlande, denn wer weiß, wie es dort
stehen mag. Ir sult beliben, herre: daz ist der Rümoldes rdtl
Es kann kein Zweifel sein, daß Wolfram diesen Auftritt im
Sinne hatte, als er die in Frage stehenden Parzivalverse schrieb.
Er muß auch weiterhin geradezu den uns überlieferten Liedtext
gekannt haben, da er von den Nibelungen sagt, daß sie sich ÜZ
huoben, welch keineswegs gewöhnliches Wort für „aufbrechen“ auch
im Liede gerade für den Aufbruch der Burgunden ins Heunenland
gebraucht wird: die snellen Burgonden sich üz huoben 1522, 1. Auch
die Bezeichnung dieser Helden als die küenen Nibelunge findet sich
wie bei Wolfram zweimal im Liede (1870, 4, 2175, 2; in anderem
Sinne 87, 2, 1095, 4). Daß sie noch unbetwungen seien, wird von
ihnen im Liede, allerdings in etwas anderem Sinne als hei Wolfram,
1900, 4 gesagt.
Die Worte, die Wolfram dem Rumolt in den Mund legt, ent-
sprechen nun freilich nicht dem Texte der aus der Vulgatfassung
des Liedes eben angezogenen Strophe, wohl aber hat der Urheber
der am Nibelungenliede bald nach seiner Entstehung vorgenom-
menen Umarbeitung, die wir C* zu nennen gewohnt sind, die an-
gezogene Strophe in drei zerdehnt, deren mittlere so lautet:
 
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