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Panzer, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1949/50, 2. Abhandlung): Vom mittelalterlichen Zitieren — Heidelberg, 1950

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https://doi.org/10.11588/diglit.42217#0016
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Friedrich Panzer

aus, daß der genannte Bischof, Oheim der burgundischen Könige,
durch seinen Schreiber Konrad den Kampf zwischen Burgonden
und Hunnen in latinischen buochstaben habe aufzeichnen lassen, ln
latinischen buochstaben sollte angeblich nur heißen: ,,so wie es da-
mals hei lateinischen Texten der Brauch war“. Das ist nun freilich
ganz verkehrt; der fragliche Ausdruck bedeutet, wie C. v. Kraus
aus zahlreichen Belegen sichergestellt hat (PBB. 56, 1931, 60ff.),
niemals etwas anderes als ,,in lateinischer Sprache“. In diesem
Sinne hat später Roethe (Berliner SB, Phil. CL, 1909) die Mittei-
lung der Klage aufgenommen, aber mit neuer Deutung: unter der
lateinischen Niederschrift sei ein lateinisches Gedicht in Hexa-
metern zu verstehen, eine Nibelungias, die dem Waltharius, den
man ins 10. Jahrhundert setzte, zur Seite trat, von ihm vielfach
angeregt und befruchtet. Diese Nibelungias erwies sich nun freilich
als ein Irrlicht, dem F. Vogt sozusagen stehenden Fußes sein Flak-
kerlehen ausgeblasen hat (Festschr. zur Jahrhundertfeier der Univ.
Breslau 1911, S. 484ff.). Eine lateinische Dichtung dieser Art ist
nie und nirgends bezeugt, auch nicht, daß im 10. Jahrhundert über-
haupt eine dichterische Bearbeitung des Sagenstoffes stattgehabt
hätte. Die Mitteilung der Klage ist freie Erfindung, richtiger: Nach-
ahmung einer gleichfalls erfundenen Quellenberufung des älteren
Fierzog Ernst, der ein Buch benutzt haben will, in dem Kaiser Kon-
rad II. Berichte habe aufzeichnen lassen, die sein Stiefsohn Ernst
ihm von seinen Abenteuern im Morgenlande in vierzehntägiger Er-
zählung gegeben hatte. Die Entlehnung aus dem Herzog Ernst ist
dadurch völlig sichergestellt, daß die Klage mit dem Wortlaut aus
ihrem Vorbilde einen ihrer bairischen Sprache unangemessenen
Reim quam: nam mit übernommen hat. Ihre Perfektform von
komen lautet sonst überall kom.
Woher dann aber das Zitat? Vogt glaubte die Schwierigkeit
damit überwinden zu können, daß er in den angezogenen Versen
ein Selbstzitat des Klagedichters sali: er wiese damit zurück auf
eine vorausgegangene Stelle seines eigenen Gedichtes, die Verse
154ff., wo er von Kriemhild sagt, daß daz edel wip tcete nach ir
triuwe ir raclie in grözer riuwe. Aber auch diese Verse decken sich
mit dem Zitate weder im Wortlaut, noch ist ihr Sinn genau der-
selbe. Vor allem aber ist es ausgeschlossen, daß mit des buoches
meister der Verfasser der Klage gemeint sein könnte. Wo der her-
vortritt, spricht er überall in erster Person, und das geschieht in
23 Fällen mit ich, in 3 Fällen mit wir, indem die Zuhörer einge-
 
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