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Panzer, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1949/50, 2. Abhandlung): Vom mittelalterlichen Zitieren — Heidelberg, 1950

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https://doi.org/10.11588/diglit.42217#0017
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Vom mittelalterlichen Zitieren

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schlossen werden. An unserer Stelle ist es in erhöhtem Maße aus-
geschlossen, im meister den Klagedichter zu sehen, weil der gerade
zwei Verse vorher in seinem gewohnten ich erscheint: daz ich nach
dem mcere zer helle der bote wcere. Vogt hat denn auch selbst schon
Bedenken gegen seine Erklärung geäußert und schlägt vor, den
ganzen Abschnitt, in dem das anstößige Zitat steht, da er „ohne
Schaden fehlen könnte“, als Interpolation anzusehen und zu strei-
chen. Eine sichtlich sehr gewaltsame Art, die vorliegende Schwie-
rigkeit zu beseitigen.
Es besteht dazu kein Anlaß, wenn man nur das Zitat nicht mit
dem Maße der Gegenwart mißt, sondern eben, wie ja selbstver-
ständlich, nach dem mittelalterlichen Zitierbrauch beurteilt. Und
da ergibt sich, daß wir mit voller Beruhigung unter des buoches
meister den Verfasser unseres Nibelungenliedes verstehen dürfen.
Es findet sich bei ihm allerdings nicht der Wortlaut des Zitates,
wohl aber sein Inhalt. Denn immer wieder wird von ihm hervor-
gehoben, daß die Ermordung Siegfrieds ein Werk der untriuwe
war. Die starken untriuwe begunden tragen an die ritter üzerkornSTQ,
sus grözer untriuwe solt nimmer man gepflegen 915, Hagene sine
triuwe vil sere an Sivride brach 971 usw. Daß Kriemhild selbst aber
in ihrem Verhältnis zu Siegfried ein Urbild der triuwe war, ist das
Epos von Anfang bis zu Ende darzulegen bemüht. Und wenn vom
Klagedichter aus dem fraglichen buoche zitiert wird: dem getriuwen
tuot untriuwe we, so heißt es ja im Nibelungenliede wirklich von
Kriemhild ir tet ir schade loe 1115, 2 und die Sivrides wunden taten
Kriemhildßj we 1523, 4. Es ist also gewiß auch hier mit dem „Buche“
nichts anderes als das Nibelungenlied gemeint; das Lied wird
„zitiert“.
Die Klage bietet uns noch einen zweiten völlig einwandfreien
Beleg für solch läßliches Zitieren. Dem echten Klagetext, der mit
der Titelangabe für das Werk endet, sind von einem anderen Dichter
noch eine Reihe von Versen angehängt worden, die in V. 4349 auf
den echten Text zurückweisen mit den Worten: uns seit der tihtcere,
der uns tihte ditze mcere, ez (was aus Etzel geworden wäre) enwcer
von im sus niht beliben, er het iz gerne geschriben, daz man wiste diu
mcere, wie ez im ergangen wcere, warne ez im inder zuo körnen oder het
erz sus vernomen in der wertete von iemen. Das weist klärlich auf
V. 4200ff. zurück, wo der Klage dichter sagt, er wisse nicht, was
nach Dietrichs Abschied weiter aus Etzel geworden wäre (wie erz
sit bedahte, daz het uns niemen noch geseit). Davon aber, daß er s
2 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1944/48. 2. Abh.
 
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