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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1956, 4. Abhandlung): Horaz und die Politik — Heidelberg, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.42325#0005
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Ich möchte zunächst das Thema erläutern und präzisieren. Es geht mir
nicht um eine Gesamtwürdigung der politischen Gedichte des Horaz, wie
sie etwa R. A. Schröder in seinem Vortrag „Horaz als politischer Dichter“1
versucht hat, sondern um eine bestimmte Problematik, die mit dem Thema
verknüpft ist: Auf der einen Seite fordert Horaz eine Selbstverwirklichung,
die sich abseits von der im engeren Sinne politischen Welt, ja im betonten
Gegensatz zu ihr und ihren seelenzerstörenden Wirkungen entfaltet, auf
der andern Seite verfaßt er Oden, die nicht nur Augustus panegyrisch als
Retter und Erlöser preisen, sondern sein politisches und erzieherisches
Programm zu verkünden scheinen. Wie verträgt sich das miteinander? Wie
verhält sich überhaupt die politische Sphäre im Werk des Horaz zur per-
sönlichen?
Im Zusammenhang mit diesen Fragen möchte ich auf einige Aussagen
des Dichters hinweisen, die als Zeugnis seiner Stellung zur politischen Welt
und Bewältigung zeitgeschichtlicher Erfahrungen bisher nicht genügend
gewürdigt, seine Haltung vielschichtiger erscheinen lassen, als es die land-
läufige und wenig differenzierte Auffassung von seinem Augusteertum
vermuten läßt.
Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die angedeutete Problematik beiseite
zu schieben oder gewaltsam zu vereinfachen. Die größte Rolle spielt hier-
bei die Neigung, die erwähnten Gegensätze auf einen Wandel in den An-
schauungen des Dichters zurückzuführen: Horaz habe sich nach dem
Zusammenbruch von Philippi voll Verzweiflung und Abscheu von der
Politik abgewandt und einer epikureisch gefärbten Weisheit verschrieben.
Dann aber sei er, durch die Freundschaft mit Maecenas in den Kreis Oktavi-
ans hineingezogen, zum Augusteer und Verkünder römisch-stoischer
Tugendideale geworden.
Diese Annahme, die uns in verschiedenen Abwandlungen entgegen-
tritt2, ist zur Erklärung des uns beschäftigenden Phänomens deshalb nicht
geeignet, weil es bei Horaz eine private und politische, epikureische und
stoische, unrömische und römische Phase oder wie immer man sie benannte,
niemals gegeben hat, sondern vielmehr immer beides nebeneinander vor-
handen war, weil beide Bereiche in allen Abschnitten seiner Entwicklung
in einem Spannungsverhältnis zueinander standen, so wie sie auch in den
 
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