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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1956, 4. Abhandlung): Horaz und die Politik — Heidelberg, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.42325#0007
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Horaz und die Politik

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keiten macht. Der „spöttisch-kluge Sinn“ des Dichters9 läßt jedenfalls eine
uneingeschränkte Identifizierung seiner panegyrischen Äußerungen mit
seiner persönlichen Überzeugung nicht zu. Und dann muß man sich vor
Augen halten, daß die Gedichte des Horaz nicht im modernen Sinne
Bekenntnis- und Erlebnisgedichte sind10. In besonderem Maße gilt das von
den politischen Gedichten, in denen er nicht als Privatperson, sondern als
Repräsentant der Öffentlichkeit spricht.
Bei den panegyrischen Gedichten kommt noch etwas anderes hinzu:
die Macht der Formen der Herrscherverehrung, die sich in Rom auch außer-
halb der horazischen Dichtung ausgebildet haben müssen, wobei Formen
der hellenistischen Herrscherverehrung und des hellenistischen Königs-
zeremoniells in die poetische und rhetorische Panegyrik ebenso oder noch
stärker eingedrungen sind als in die Darstellung der Münzbilder und
Statuen (und zwar nicht erst des Augustus und Caesars, sondern bereits des
Pompeius, ja des Scipio Africanus, wie L’Orange gezeigt hat)11. Auch
A. Alföldi hat auf hellenistische Elemente in der augusteischen Bild-
symbolik hingewiesen12, und für die Augustusverse der Aeneis (6, 791—807)
hat Ed. Norden gezeigt13, daß sie im formalen Aufbau den hellenistischen
Königspanegyrici folgen und manche Züge der Alexanderenkomien über-
nehmen. Für die politischen Gedichte des Horaz müßte Entsprechendes
noch im einzelnen festgestellt werden. Ich will nur auf ein Detail hinwei-
sen: In der panegyrischen Augustusode Divis orte bonis (c. 4, 5) wird
die ersehnte Rückkehr des Kaisers mit dem Kommen des Frühlings ver-
glichen:

Lucem redde tuae, dux bone, patriae.
Instar veris enim voltus ubi tuus
adfulsit populo, gratior it dies
et soles melius nitent.
Wenn frühlingsgleich Dein Antlitz
aufleuchtet über dem Volk,
dann geht gnadenvoller der Tag dahin
und schöner strahlet die Sonne (Ethelbert Stauffer).

Es ist ein Motiv, in dem die Lichtsymbolik des hellenistisch-orientali-
schen Erlösers und der alte Zusammenhang zwischen Frühling und Epi-
phanie eines Gottes begegnet, der beim Erscheinen des Dionysos, Osiris,
Adonis und anderer Lebensgottheiten hineinspielt14.
Das gleiche Motiv finden wir nun, anscheinend durch Venantius Fortu-
natus („Ad Felicem episcopum de pascha“) vermittelt, in den Suscep-
tacula regum, den Hymnen zum Empfang karolingischer und nachkaro-
lingischer Herrscher, die W. Bulst untersucht hat15, so in dem Gedicht des
Notker Balbulus auf den Empfang eines Königs16, wo es heißt:
 
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