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Viktor Pöschl
Septimi, Gadis aditure mecum et
Cantabrum indoctum iuga ferre nostra et
barbaras Syrtis, ubi Maura semper
aestuat unda.
In der 4. Römerode aber ist die Formel ähnlich wie im ersten Ekloge
verwendet: als Metapher der politischen Gegenwelt57.
Wie der Achill der 13. Epode ein Symbol ist für die Zeitgestalt des
Todgeweihten, dem der Dichter Trost und Freude bietet, so ein anderes,
noch großartigeres der Teucer von Laudabunt alii (c. 1, 7)58. Der klin-
genden Pracht lichterfüllter griechischer Städte wird die geliebte Land-
schaft von Tivoli gegenübergestellt, die der Dichter mit keinem Ort der
Welt vertauschen möchte. Sobald dieser Bereich aufsteigt, ergeht die Auf-
forderung an Munatius Plancus, die Sorgen durch milden Wein zu besänf-
tigen. Es sieht so aus, als solle der hohe Freund in den tröstenden und
heilenden Bezirk des Dichters hineingezogen werden, der durch Tibur
symbolisiert wird. Da aber schieben sich in das heitere, freundliche Bild
die tristitia und die vitae labores ein, unter denen Munatius leidet. Ange-
sichts solcher Bedrängnis wird ein mythisches Beispiel aufgerichtet: Teucer.
Nach zehn Jahren des Kampfes aus Troja, wo er den Bruder Aias verlor,
in seine Heimat Salamis zurückgekehrt, wird er von seinem Vater Telamon
verstoßen, weil er sich des Bruders nicht mit größerer Fürsorge angenom-
men hat. In solcher Drangsal fordert er die Schar seiner Kameraden auf,
dennoch dem Schicksal zu vertrauen und ein neues Salamis zu suchen:
nunc vino pellite curas,
cras ingens iterabimus aequor.
Das sind die Schlußverse des Gedichts, in denen sich ein großartig weiter
Horizont öffnet.
Der Gang der Ode aber ist gleichsam eine Verengung zum Wesentlichen
hin. Heiter beginnt es mit den prunkvoll ausgebreiteten griechischen
Namen, dann sammelt sich der Glanz auf den einen Punkt Tivoli. Schließ-
lich aber erweist sich, daß auch dieser Ort zum Glücke nicht notwendig ist.
Noch weiter verengt sich der Weg: selbst der Heimatlose, Ausgestoßene,
einem unbekannten Schicksal Ausgesetzte, der nicht einmal Salamis behal-
ten darf, die winzige armselige Insel, die mit den herrlichen Städten des
Anfangs absichtsvoll kontrastiert, kann noch der Gegenwart froh werden.
Aus dem Nichts kann noch ein Augenblick des Glücks emporblühen und
vor diesem einen Augenblick versinkt alles andere. Dieses Engerwerden
des Pfades, die Konzentration des. Lichtes auf einen einzigen Punkt, das
Versinken und Abfallen alles Äußerlichen, selbst des geliebtesten Bereiches
vor dem Einen, das dem Menschen auch dann noch bleibt: die schmale
Gegenwart gelassen zu ergreifen und zu genießen: das ist es, worauf es
Viktor Pöschl
Septimi, Gadis aditure mecum et
Cantabrum indoctum iuga ferre nostra et
barbaras Syrtis, ubi Maura semper
aestuat unda.
In der 4. Römerode aber ist die Formel ähnlich wie im ersten Ekloge
verwendet: als Metapher der politischen Gegenwelt57.
Wie der Achill der 13. Epode ein Symbol ist für die Zeitgestalt des
Todgeweihten, dem der Dichter Trost und Freude bietet, so ein anderes,
noch großartigeres der Teucer von Laudabunt alii (c. 1, 7)58. Der klin-
genden Pracht lichterfüllter griechischer Städte wird die geliebte Land-
schaft von Tivoli gegenübergestellt, die der Dichter mit keinem Ort der
Welt vertauschen möchte. Sobald dieser Bereich aufsteigt, ergeht die Auf-
forderung an Munatius Plancus, die Sorgen durch milden Wein zu besänf-
tigen. Es sieht so aus, als solle der hohe Freund in den tröstenden und
heilenden Bezirk des Dichters hineingezogen werden, der durch Tibur
symbolisiert wird. Da aber schieben sich in das heitere, freundliche Bild
die tristitia und die vitae labores ein, unter denen Munatius leidet. Ange-
sichts solcher Bedrängnis wird ein mythisches Beispiel aufgerichtet: Teucer.
Nach zehn Jahren des Kampfes aus Troja, wo er den Bruder Aias verlor,
in seine Heimat Salamis zurückgekehrt, wird er von seinem Vater Telamon
verstoßen, weil er sich des Bruders nicht mit größerer Fürsorge angenom-
men hat. In solcher Drangsal fordert er die Schar seiner Kameraden auf,
dennoch dem Schicksal zu vertrauen und ein neues Salamis zu suchen:
nunc vino pellite curas,
cras ingens iterabimus aequor.
Das sind die Schlußverse des Gedichts, in denen sich ein großartig weiter
Horizont öffnet.
Der Gang der Ode aber ist gleichsam eine Verengung zum Wesentlichen
hin. Heiter beginnt es mit den prunkvoll ausgebreiteten griechischen
Namen, dann sammelt sich der Glanz auf den einen Punkt Tivoli. Schließ-
lich aber erweist sich, daß auch dieser Ort zum Glücke nicht notwendig ist.
Noch weiter verengt sich der Weg: selbst der Heimatlose, Ausgestoßene,
einem unbekannten Schicksal Ausgesetzte, der nicht einmal Salamis behal-
ten darf, die winzige armselige Insel, die mit den herrlichen Städten des
Anfangs absichtsvoll kontrastiert, kann noch der Gegenwart froh werden.
Aus dem Nichts kann noch ein Augenblick des Glücks emporblühen und
vor diesem einen Augenblick versinkt alles andere. Dieses Engerwerden
des Pfades, die Konzentration des. Lichtes auf einen einzigen Punkt, das
Versinken und Abfallen alles Äußerlichen, selbst des geliebtesten Bereiches
vor dem Einen, das dem Menschen auch dann noch bleibt: die schmale
Gegenwart gelassen zu ergreifen und zu genießen: das ist es, worauf es