Bearbeitungen und Interpolationen des Polykarpmartyriums 31
„wertvoller denn kostbare Steine und edler als Gold“ mag gleich-
falls verdächtig klingen79. Aber sie ist doch nicht schlechterdings
unmöglich; die Worte könnten gerade den Anlaß geboten haben,
weiteres an sie anzuhängen. Wie dem auch sei — diese weiteren
Aussagen des Polykarpmartyriums über den Kult der Reliquien
und des Märtyrergrabes wird man künftig jedenfalls nur noch mit
größter Vorsicht heranziehen dürfen. Daß sie im ursprünglichen Brief
des Smyrnäer schon gestanden hätten, ist sehr unwahrscheinlich.
III.
Die Frage der Briefschlüsse ist in der chronologischen Debatte
um unser Martyrium schon oft behandelt worden, und wir brauchen
auf sie nicht nochmals ausführlich einzugehen. Der ursprüngliche
Briefschluß scheint in Kap. 20 noch einigermaßen gut erhalten zu
sein; zu irgendwelchen Eingriffen besteht kein Anlaß. Dagegen
kann Kap. 21 meiner Meinung nach schlechterdings nicht als ur-
sprünglich gelten, sondern ist ein nachträglicher hagiographisch-
kalendarischer Anhang, dessen Alter nicht zu bestimmen ist. Gleich-
viel, wie es um die Zuverlässigkeit der hier gebotenen Daten be-
stellt sein mag, das Datum „ist doch nichts anderes als das
Datum des Festtages, mit dem die smyrnäische Gemeinde jährlich
das Andenken ihres Märtyrerbischofs feierte.“80 M 22,1 ist, wie
wir (o. S. 14) gesehen haben, ein zweiter, unechter Anhang, den
die Euangelion-Redaktion hinzugefügt hat. Die abschließenden
Schreibernotizen von M 22,2 f. beanspruchen selbst nicht, ein Teil
des ursprünglichen Briefes zu sein. Sie mögen zum Teil echt sein,
sind aber mindestens mit ihrer absichtsvollen Bezugnahme auf
Irenäus von dem letzten Redaktor, nämlich Pseudo-Pionios selbst,
79 Die Stelle lautet in den Kleopas-Fragmenten wesentlich einfacher:
xa τιμιώτερα λίϋ·ων οστά αντον άπεϋ·έμεϋ·α εϊς ον εύδόκησεν ό ϋ'εός τόπον άκολονϋ'ως.
Vgl. noch die nachweislich überarbeitete Formulierung M15,2 (o. S. 22
Anm. 50).
80 Ed. Schwabtz, Ostertafeln S. 129; vgl. H. Delehaye, Sanctus (1927)
S. 129, und Gregoere, a.a. O. S. 11 ff., der ohne zwingende Gründe an Pseudo-
Pionios als Verfasser denkt. Zurückhaltender äußern sich Meinhold, a.a.O.
Sp. 1678, und besonders Marroet, a.a.O. S. 8f., der aber gleichfalls geneigt
ist, die Unechtheit dieses Kapitels zuzugeben. Sein Hinweis auf die mehrfachen
Briefschlüsse des paulinischen Römerbriefes hat demgegenüber wenig
Überzeugungskraft, da hier ja eben deshalb entsprechende, begründete
Zweifel oft genug laut geworden sind.
„wertvoller denn kostbare Steine und edler als Gold“ mag gleich-
falls verdächtig klingen79. Aber sie ist doch nicht schlechterdings
unmöglich; die Worte könnten gerade den Anlaß geboten haben,
weiteres an sie anzuhängen. Wie dem auch sei — diese weiteren
Aussagen des Polykarpmartyriums über den Kult der Reliquien
und des Märtyrergrabes wird man künftig jedenfalls nur noch mit
größter Vorsicht heranziehen dürfen. Daß sie im ursprünglichen Brief
des Smyrnäer schon gestanden hätten, ist sehr unwahrscheinlich.
III.
Die Frage der Briefschlüsse ist in der chronologischen Debatte
um unser Martyrium schon oft behandelt worden, und wir brauchen
auf sie nicht nochmals ausführlich einzugehen. Der ursprüngliche
Briefschluß scheint in Kap. 20 noch einigermaßen gut erhalten zu
sein; zu irgendwelchen Eingriffen besteht kein Anlaß. Dagegen
kann Kap. 21 meiner Meinung nach schlechterdings nicht als ur-
sprünglich gelten, sondern ist ein nachträglicher hagiographisch-
kalendarischer Anhang, dessen Alter nicht zu bestimmen ist. Gleich-
viel, wie es um die Zuverlässigkeit der hier gebotenen Daten be-
stellt sein mag, das Datum „ist doch nichts anderes als das
Datum des Festtages, mit dem die smyrnäische Gemeinde jährlich
das Andenken ihres Märtyrerbischofs feierte.“80 M 22,1 ist, wie
wir (o. S. 14) gesehen haben, ein zweiter, unechter Anhang, den
die Euangelion-Redaktion hinzugefügt hat. Die abschließenden
Schreibernotizen von M 22,2 f. beanspruchen selbst nicht, ein Teil
des ursprünglichen Briefes zu sein. Sie mögen zum Teil echt sein,
sind aber mindestens mit ihrer absichtsvollen Bezugnahme auf
Irenäus von dem letzten Redaktor, nämlich Pseudo-Pionios selbst,
79 Die Stelle lautet in den Kleopas-Fragmenten wesentlich einfacher:
xa τιμιώτερα λίϋ·ων οστά αντον άπεϋ·έμεϋ·α εϊς ον εύδόκησεν ό ϋ'εός τόπον άκολονϋ'ως.
Vgl. noch die nachweislich überarbeitete Formulierung M15,2 (o. S. 22
Anm. 50).
80 Ed. Schwabtz, Ostertafeln S. 129; vgl. H. Delehaye, Sanctus (1927)
S. 129, und Gregoere, a.a. O. S. 11 ff., der ohne zwingende Gründe an Pseudo-
Pionios als Verfasser denkt. Zurückhaltender äußern sich Meinhold, a.a.O.
Sp. 1678, und besonders Marroet, a.a.O. S. 8f., der aber gleichfalls geneigt
ist, die Unechtheit dieses Kapitels zuzugeben. Sein Hinweis auf die mehrfachen
Briefschlüsse des paulinischen Römerbriefes hat demgegenüber wenig
Überzeugungskraft, da hier ja eben deshalb entsprechende, begründete
Zweifel oft genug laut geworden sind.