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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1960, 1. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung — Heidelberg, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.42461#0042
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Karl Engisch:

wesentlichen aber festgehalten werden“1. Z. B. ist es unwesentlich
bei einem Diebstahl, zu welcher Tagesstunde, bei welchem Wetter,
in welchem Anzug er begangen wurde, während die Frage, ob Tages-
oder Nachtzeit, wesentlich ist, desgleichen die Frage, ob der Dieb
Waffen bei sich trug; denn hierauf stellen Bestimmungen wie § 243
Zr. 5 und 7 ab. Indem wir aber sagen, daß der gesetzliche Tatbe-
stand darüber entscheidet, ob ein konkreter Fall mit den vom Ge-
setz gemeinten in den wesentlichen Beziehungen übereinstimme, er-
hebt sich ein Bedenken. Nehmen wir an, ein Dieb habe sich in ein
Bauerngehöft in diebischer Absicht eingeschlichen, in einer Scheune
genächtigt und dann in der Morgendämmerung ein Pferd aus dem
Stalle gezogen und weggeführt. Die Frage ist, ob dieser Diebstahl
als ein solcher zur Nachtzeit angesehen werden kann (§ 243 Zr. 7).
Hier müssen wir einen Vergleich ziehen mit typischen vom Gesetz-
geber gemeinten Fällen des Diebstahls zur Nachtzeit, also etwa mit
Fällen eines Diebstahls um Mitternacht. Dabei ist dann wieder die
Frage, ob denn in wesentlichen Beziehungen hier Übereinstimmung
herrscht. Ob aber dies der Fall ist, dafür kann doch nicht der Be-
griff der Nachtzeit für sich selbst genommen maßgebend sein. Es
hat keinen rechten Sinn zu fragen, ob unser konkreter Fall mit den
typischen Fällen darin übereinstimme, daß er zur „Nachtzeit“ be-
gangen ist. Vielmehr kommt es jetzt erst darauf an festzustellen,
was eigentlich „Nachtzeit“ heißt, ob hier etwa auf ganz bestimmte
Stunden abzustellen ist (wie dies § 188 ZPO. bei Zustellungen tut)
oder auf die Dunkelheit oder auf die Nachtruhe, und im letzteren
Falle, ob auf die Nachtruhe im Durchschnitt oder gerade bei den
Bewohnern des Hauses, aus dem gestohlen wird. Je nachdem ob
wir in diesem oder jenem Punkte unseren Fall mit den „typischen
Fällen“ vergleichen, kommen wir zu verschiedenen Ergebnissen.
Das Beichsgericht hat sich im Beispielsfalle für den Gesichtspunkt
der Dunkelheit entschieden2. In Wahrheit ist also der Beziehungs-
punkt für die Vergleichung und für die Unterscheidung des Wesent-
1 a.a.O., S. 665. S. ferner z. B. Mezger, a.a.O., S. 167, 168; Wälder,
a. a.O., S. 32; v. Hippel, Rechtstheorie, 1932, S. 9ff. (der dabei jedoch nicht
genügend die wesentlichen Elemente des Sachverhalts und des Obersatzes aus-
einanderhält); Sauer, Jur. Methodenlehre, 1941, S. 32, 129. Vgl. auch Sig-
wart, Logik, 4. Auf!., I, S. 370ff., insbes. S. 371/72.
2 EntschStr. 3, S. 209. S. auch Leipz. Kommentar, 4. Aufl. 1929, Anm. 1
zu § 243 Zr. 7. Nicht uninteressant ist ein Vergleich mit der PolVerordng. zum
Schutze der Jugend v. 9. 3. 40, die in § 1 auf die Dunkelheit, in § 2 dagegen
auf die Uhrzeit abstellt.
 
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