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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1960, 1. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung — Heidelberg, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.42461#0083
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Logische Studien zur Gesetzesanwendung

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mehrere Indizien sind, die durch ihr Zusammentreffen die erwünsch-
te Feststellung ermöglichen (worauf noch zurückzukommen ist).
Schließlich, daß diese Indizien in verschiedenem zeitlichen Verhält-
nis zum Sachverhalt stehen können. Sie können vor und hinter der
Tat liegen, sie können auch mit der Tat gleichzeitig sein (mangeln-
des Alibi!)* 1.
Aus dem letzten ergibt sich aber sofort ein weiteres. Wenn wir
nämlich jetzt die gerade beim eigentlichen Indizienbeweis besonders
wichtige kausale Schlußfolgerung ins Auge fassen, so kann der
Schluß vom Indiz auf die indizierte Tatsache einmal ein Schluß von
der Wirkung auf die Ursache, dann aber auch wieder ein Schluß von
der Ursache auf die Wirkung sein. Das erstere ist der Fall, wenn ich
von den Blutspuren auf die Bluttat, das letztere, wenn ich von der
Geldverlegenheit des Beschuldigten auf den Drang, sich auf ver-
brecherischem Wege Geld zu verschaffen, schließe. In beiden Be-
ziehungen ist aber der Schluß ungewiß: „Jeder Rückschluß von ge-
gebenen Tatsachen auf eine andere, die von ihnen als ihre Ursache
bezeugt werde, scheitert daran, daß zwar jede Folge ihren zuläng-
lichen Grund, und nur einen einzigen Grund haben muß, daß aber

Ergebnisse feststelle, sondern auch die durch eigene oder fremde Wahrnehmung
bzw. Erinnerung gesicherten Ursprungstatsachen, von denen vermittels Erfah-
rung auf die unmittelbar erheblichen Tatsachen geschlossen wird. Zum min-
desten muß ich überzeugt sein, daß der andere, auf den ich mich verlasse, jene
Ursprungstatsachen seinerseits durch korrekte eigene Wahrnehmung oder rich-
tige Auswertung fremder Wahrnehmung festgestelit hat. Siehe denn auch in
diesem Sinne Planck selbst S. 197/98. Übrigens kann man über die oben
zitierte Äußerung Plancks noch insofern hinausgehen, als auch die Mitteilung
fremder Wahrnehmungen nach dem früher Gesagten nur Indiz i. w. S. ist für
den erheblichen Sachverhalt und als solches Indiz zum Gegenstand der Wahr-
nehmung des Urteilers gemacht werden muß. Letzte Erkenntnisquelle beim
Beweis ist also stets die Wahrnehmung des Beweiserhebenden. Gegenstand
der Beweiserhebung sind bald der unmittelbar erhebliche Sachverhalt, bald
Indizien, wobei die letzteren wieder bald in mündlichen oder schriftlichen Aus-
künften von Personen über ihre Wahrnehmungen vom Sachverhalt, bald in
anderen Tatsachen (den Indizien i. e. S.) bestehen.
1 Vgl. Geyer, Lehrbuch des gemeinen deutschen Strafprozeßrechts,
1880, S. 734: „Die Einteilung in vorhergehende, gleichzeitige und nachfolgende
Indizien ist leicht erklärlich. Umstände, die der Tat vorangingen ebensowohl
wie solche, welche sie begleiteten und solche, welche ihr nachfolgten, können
Schlüsse auf dieselbe zulassen. In Betracht kommt besonders das Benehmen
des Verdächtigen vor und nach der Tat, sowie die Erörterung darüber, wo sich
derselbe zur Zeit der Tat befunden hat (bzw. das Alibi)“. Siehe auch Glaser,
a.a.O., S. 740 und Bierling, S. 118ff.
 
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