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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1960, 1. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung — Heidelberg, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.42461#0095
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Logische Studien zur Gesetzesanwendung

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Rechtsirrtum des Urteilers anspricht oder wenn man Verstöße ge-
gen allgemeine Erfahrungssätze und logische Denkregeln bei der
Beweiswürdigung zugleich als „revisible“ Verstöße gegen Rechts-
normen brandmarkt1. Die Frage, die wir im Sinne haben, bezieht
sich garnicht nur auf das Verhältnis von Tatsachenfeststellung und
Anwendung der Regeln des Prozeßrechts, sondern auch und in erster
Linie auf das Verhältnis von Tatsachenfeststellung und Subsum-
tion der festgesteliten Tatsachen unter das materielle Recht.
Hierbei könnte man daran denken, es käme jetzt zur Sprache,
daß eine korrekte Tatsachenfeststellung insofern zugleich richtige
Rechtsanwendung und eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung zu-
gleich unrichtige Rechtsanwendung bedeute, als gerade das ma-
terielle Recht eben nur auf wirkliche Sachverhalte und nicht auf
fälschlich angenommene Sachverhalte angewendet sein wolle2. Aber
auch hierauf zielen wir nicht ab, schon darum nicht, weil es sich
dann überhaupt nicht um ein Problem der Gegenüberstellung, der
Grenzziehung handeln würde, wie wir es im Auge haben müssen,
wenn wir Tat- und Rechtsfrage im logischen Sinne mit der Grenz-
ziehung von Tat- und Rechtsirrtum bzw. von irrevisibler Tat- und
revisibler Rechtsfrage parallelisieren.
Recht häufig vermischt man das hier zu beredende Problem
mit dem des Verhältnisses von Sachverhalt und Rechtsnorm bei Ab-
grenzung der erheblichen Tatsachen und Ausscheidung der unwe-
sentlichen Tatsachen3. Gewiß interessieren uns nur diejenigen Tat-
sachen, die im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestim-
mung „relevant“ sind, wie uns umgekehrt nur diejenigen rechtli-
chen Obersätze interessieren, zu deren Heranziehung der konkrete
Sachverhalt Anlaß zu bieten scheint. Aber logisch gesehen bezieht
sich ja dieses Wechselspiel nur auf den hypothetisch angenommenen
Sachverhalt als Beweisthema und geht somit der Feststellung der
Tatsachen selbst voraus4.
1 So z. B. Moser, In dubio pro reo, S. 41, Anm. 4; Oetker, GerS. 107,
1936, S. 34ff.; andererseits Beling, Strafprozeßrecht, S. 413 Anm. 5; ferner
unten S. 116 f.
2 Vgl. Goldschmidt a.a.O. S. 498.
3 Siehe z. B. Hall, Deutsche Rechtswissenschaft VI, 1941, S. 307 ff. Die
Vermischung wird namentlich S. 310 Abs. 2 deutlich.
4 Treffend auch Mezger, a.a.O., S. 167: „Die Behauptung der sog.
Rechtserheblichkeit einer Tatsache bedeutet immer nur eine Frage an die Tat-
sachenwelt; mit der Tatsachenfeststellung als solcher hat diese Behauptung
rein gar nichts zu tun“.
 
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