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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1960, 1. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung — Heidelberg, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.42461#0111
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Logische Studien zur Gesetzesanwendung

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frage nicht so genau auf die Unterschiede von Subsumtion und
Subordination an, da ja beide juristische Funktionen sind und auch
beide auf Gleichsetzungen hinauslaufen: die erstere auf die Gleich-
setzung einzelner Fälle, die letztere auf die von Fallgruppen mit
den vom Gesetz gemeinten Fällen. Vielmehr treten Subsumtion
und Subordination zusammen der Tatsachenfeststellung gegen-
über als der Verarbeitung der Wahrnehmung ohne Zuhilfenahme
rechtlicher Erwägungen.
2. Die geschilderte Ersetzung rechtlicher Begriffe durch be-
stimmte tatsächliche Begriffe darf nicht verwechselt werden mit
dem Übergang vom gesetzlichen Begriff zur Tatsache selbst. Tat-
sachenbegriff und Tatsache sind zweierlei. Durch noch so differen-
zierte tatsächliche Beschreibung eines Falles gelange ich nicht
zur Tatsache selbst. Jene tatsächliche Beschreibung ist eine rein
gedankliche Operation, während die Feststellung der Tatsache
selbst letztlich auf Grund der Wahrnehmung erfolgt. Beschreibe
ich ein übermäßig schnelles Fahren im Hinblick auf einen kon-
kreten Fall als das Fahren mit 60 km Stundengeschwindigkeit bei
so und so beschaffener Straße und bei solchem Verkehr, so ist
mir zwar ein genaues Beweisthema, aber noch nicht der Beweis
selbst geliefert. Diese Einsicht, in der Geschichte der Philosophie
oft hervorgekehrt und doch immer wieder außer acht gelassen, ist
gerade für unsere Unterscheidung von Tat- und Rechtsfrage von
größter Wichtigkeit1.
3. Das alles hindert offenbar nicht die Orientierung der Sub-
sumtionsfrage und der zu ihrer Lösung dienlichen Verwendung tat-
sächlicher Begriffe an den Umständen des konkreten Einzelfalles,
wie sie behauptet, „angenommen“ oder vielleicht sogar schon er-
wiesen sind. Gerade weil es sich hier und jetzt um den Ringfinger
handelt, subsumiere ich den Ringfinger unter den Begriff des wich-
tigen Gliedes des Körpers. Weil mit 60 km Stundengeschwindig-
keit angeblich oder gewiß gefahren wurde, erkläre ich ein Fahren
mit dieser Geschwindigkeit als unter allen Umständen „übermäßig
schnell“, wobei ich ganz offenlasse, ob nicht auch schon eine ge-
ringere Geschwindigkeit als übermäßig schnelles Fahren angesehen
werden könnte. Steht fest, daß ein Ereignis um 11 Uhr abends
stattgefunden hat, so genügt für die Entscheidung der Rechtsfrage
in concreto vollauf die Subsumtion dieser Zeit unter den Begriff
der „Nachtzeit“. Stellt dagegen das Gesetz auf 9 Uhr ab und ist
1 Vgl. hierzu auch Schlick, Erkenntnislehre, S. 24 Abs. 3.
 
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