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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1960, 1. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung — Heidelberg, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.42461#0125
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Logische Studien zur Gesetzesanwendung

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was keine über den einzelnen Fall hinausreichende rechtliche Trag-
weite hat, aus seiner Zuständigkeit herausfällt“ (S. 52). Dagegen
entwickelt Peters folgende Prinzipien: „Alle Entscheidungen, Wer-
tungen und Feststellungen, die nach den Grundsätzen der Unmittel-
barkeit und Mündlichkeit gewonnen werden, sind von der Revi-
sionsinstanz ausgeschlossen“. „Wertvoller ist die Arbeit der Revi-
sionsinstanz dort, wo sie weiteren Zielen als die untere Instanz zu
dienen vermag oder aber im Einzelfall den gleichen Zielen besser“.
„Wo es sich um Fragen handelt, die nicht grundsätzlicher Natur
sind, deren Lösung Ansichtssache ist, deren Behandlung im Einzel-
falle haltbar, hat die Revisionsinstanz von einer eigenen Entschei-
dung Abstand zu nehmen“ (a. a. 0. S. 70f.)L Schwinge wie Peters
gelangen so zu Grenzziehungen, die von der logischen Unterschei-
dung zwischen Tatsachenfeststellung und Subsumtion, von „Tat-
und Rechtsfrage“ in vielen Punkten abweichen, so daß also auch
häufig logisch Gleichartiges juristisch verschieden behandelt wird.
Das braucht hier nicht in allen Einzelheiten dargelegt zu werden.
Es genügen illustrierende Belege. Bei der Subsumtion unter un-
bestimmte Begriffe, bei der, wie gezeigt, Tat- und Rechtsfrage eng
miteinander verkoppelt sind, versucht Schwinge nicht erst eine
logische Auflösung, sondern er unterscheidet zwischen irrevisiblen
und revisiblen Bestandteilen der vorderrichterlichen Entscheidung
nach dem Gesichtspunkt, wieweit es sich um grundsätzliche Fragen,
1 Ob nun Schwinge oder Peters positivrechtlich gesehen im Rechte
ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. So sehr ich gerade vom juristisch-
methodologischen Standpunkt aus die Feinheit des Peters’schen Grundge-
dankens anerkenne, möchte ich doch an dieser Stelle darauf hinweisen dürfen,
daß das beliebte Argument: „Die Tatsache, daß auch der Angeklagte Revision
einlegen kann, scheint ein Hinweis dafür zu sein, daß das Rechtsmittel auch die
Gerechtigkeit der Einzelentscheidung garantieren soll“ (Peters S. 66) meines
Erachtens nicht durchschlägt. Das Interesse des Angeklagten an der Gerech-
tigkeit wird durch die Einräumung des Rechtsmittels befriedigt. Seinem In-
teresse an der Gerechtigkeit widerspricht nur die Beschränkung des Rechts-
mittels. Für diese Beschränkung gilt es, eine Erklärung zu finden; und hier
kann man sagen: das Interesse des Angeklagten wird eben nur insoweit aner-
kannt, als es zusammentrifft mit dem öffentlichen Interesse an der Wahrung
der Rechtseinheit. Deshalb ist diese Wahrung der Rechtseinheit doch die eigent-
liche Funktion der Revisionsinstanz und alles Weitere wie Ausschaltung der
Tatsachennachprüfung an Hand mündlicher Verhandlung und unmittelbarer
Beweiserhebung, aber eventuell auch Ausschaltung individueller Rechtsfragen
ist Folgeerscheinung. Doch soll mit dieser Erwägung keine abschließende
Entscheidung gegeben, sondern nur ein erneuter Beleg für die juristisch-teleo-
gische Grundlage der Begrenzung der Revision geliefert werden.
 
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